Bei Aldi Süd flogen im Oktober 2020 etwa 100 Produkte aus dem Sortiment, und noch im ersten Quartal 2021 gibt es eine weitere Veränderung: Der Kassenbereich des Discounters soll, bedingt durch Corona, umgestaltet werden. Warum? Seit vielen Jahren sind bei Aldi Süd im Kassenbereich, also in der sogenannten Quengelzone, Schokoriegel und Gummibärchen platziert, locken Kaugummis und kleine Kekspackungen zum Kauf. Soweit ist das nichts Neues – viele Supermärkte bestücken den Kassenbereich in dieser Art. Denn wer an der Kasse ansteht, neigt zu Impulskäufen.
Was Aldi Süd nun anders machen will: Alltagsmasken und Desinfektionsmittel sollen, gemäß den aktuellen Bedürfnissen der Kundschaft, nun ebenfalls in der Quengelzone zu finden sein. Begründet wird das allerdings nicht ausschließlich mit dem so zu erwartenden höheren Umsatz durch diese Produkte. Aldi Süd geht geschickter vor: Diese Produkte sind bei den meisten Menschen im Moment extrem gefragt und können zu Staus an den Regalen führen. Im Kassenbereich dagegen sind Zonen und Abstände markiert – die Kundschaft kommt auch dann sicher an die Produkte heran, wenn diese gerade heiß begehrt sind.
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Kundschaft verstehen: Was ist angesagt im Kassenbereich?
Die Zone rund um den Kassenbereich müssen alle Kunden und Kundinnen passieren. Hier landen Produkte im Einkaufskorb, die vielleicht nicht gesucht werden, weil sie nicht auf der Einkaufsliste stehen. Kleine Packungsgrößen an Süßigkeiten sind aus Kundensicht eher nicht attraktiv: Viel Müll, wenig Inhalt und dazu verhältnismäßig hohe Kosten für ein Produkt, das ohnehin als ungesund und damit unattraktiv gilt. Außer in den Augen von Kindern natürlich, und genau die werden mit der Quengelware in der Regel angesprochen. Der Gedanke ist logisch: Jault das Kind in der Warteschlange nach Süßigkeiten, weil es die gerade sieht und sich beim Warten langweilt, sind die meisten Erwachsenen geneigt, dem Nachzugeben. Denn erstens ist es ja ohnehin nur eine kleine Packung, und zweitens ist die Warteschlange auch ohne unleidlichen Nachwuchs schon ärgerlich genug.
Aber warum setzt Aldi Süd nun auf Masken und Desinfektionsmittel? Der Discounter verbindet hier zwei Gedanken: Masken kann man nicht nur im ökologisch und ökonomisch sinnvollen 50er- oder 100er-Pack kaufen, sondern auch in kleinen Gebinden von zwei, fünf oder zehn Masken. Der Preis ist gefühlt niedriger, denn die meisten Menschen achten in der Stresssituation an der Kasse nicht auf den Stückpreis – und das macht den Verkauf von aktuell sehr stark nachgefragten Produkten in der Quengelzone attraktiv. Dazu kommt, dass sich die Kunden aufgrund der Abstandsregeln nicht mehr so lange im unmittelbaren Kassenbereich aufhalten und die Impulskäufe bei den typischerweise hier angeordneten Produkten nachlassen.
Category-Management für den Kassenbereich steigert den Umsatz
Das Warenangebot im Kassenbereich sollte keinesfalls dem Zufall überlassen werden. Denn hier lassen sich durch Impulskäufe On-Top-Umsätze generieren. Die höchsten Erfolgschancen haben dabei Produkte, die die Kundschaft auch tatsächlich hier im Bereich der Kasse vermutet – die maximale Befriedigung der Erwartungen ist generell gut. Üblicherweise findet man im Kassenbereich der Supermärkte, im Lebensmitteleinzelhandel und bei Discountern aller Art Süßigkeiten, Feuerzeuge und Streichhölzer, Batterien und (seltener) Rauchwaren. Auch einige saisonale Produkte sind dort oft erhältlich, manche Märkte platzieren hier auch Körperpflegeprodukte und Drogerieartikel in sehr kleinen Gebinden, Unterhaltungsmedien ebenfalls.
Welche Waren werden hier am häufigsten präsentiert und dementsprechend erwartet? Tabakwaren stehen an erster Stelle, denn die können (zusammen mit alkoholischen Getränken in kleinen Packungsgrößen) sonst nirgends verkauft werden. Unter den Süßwaren wird Kaugummi am meisten erwartet. Erst danach folgen Bonbons und Schokoladenriegel.
Aber, wie Unterhaltungsmedien und einige Körperpflegeprodukte zeigen: Auch besonders impulsstarke Produkte lassen sich an diesen Stellen ganz gut platzieren.
Struktur deutlich wahren
Liegen die Produkte in der Quengelzone in Schütten durcheinander, regt das nicht so sehr zum Spontankauf an wie ein übersichtlich und ordentlich strukturiertes Warenangebot. Die Warengruppen sollten also in deutlich erkennbare Gruppen sortiert sein. Strategisch günstig kann es auch sein, wenige Kassen vorzusehen: Denn warten die Kunden und Kundinnen etwas länger, stimuliert das zusätzlich die Kauflust im Kassenbereich.
Warum funktionieren die Schütten mit Süßwaren im Kassenbereich von Aldi und Norma so gut, wenn Struktur wichtig ist? Hier sind nur wenige Schütten aufgebaut, und in jedem Fach ist genau eine Art von Produkt vorgesehen. Die verschiedenen Fächer einer einzelnen Schütte sind mit Produkten einer Warengruppe gefüllt – also beispielsweise nur vier verschiedene Sorten Gummibärchen oder drei verschiedene Arten von Bonbons. Das stellt eine Besonderheit dar, denn diese auf den ersten Blick gar nicht so sortierten Schütten zeigen nur wenige Handelsketten. Damit drücken sie eine Art von Individualismus aus, die dem Kaufverhalten der Kundschaft schon wieder auf die Sprünge hilft.
Impulskäufe nach Wetterbericht?
Eine weitere Besonderheit, die bisher überwiegend die Drogeriemärkte und einige Bekleidungs-Discounter zeigen, geht vom Wetterbericht aus. Ist Regen vorausgesagt, lohnt es, im Kassenbereich einen Ständer mit Regenschirmen und -mänteln (gerne kostengünstige Einweg-Artikel in Kleinstverpackung für die Mitnahme in der Handtasche) zu präsentieren. Bei gemeldetem Sonnenschein sollten es Sonnenmilch und Sonnenbrillen sein, bei Schneefall Handschuhe und Mützen. Manchmal überschneidet sich diese Ware natürlich mit saisonaler Ware (Mützen im Winter beispielsweise). Wer aber nur an Tagen mit vorausgesagten Temperaturen von mehr als 25 Grad Celsius den kleinen Handventilator und Kühlpacks im Kassenbereich aufstellt, hebt sich damit deutlich von der Konkurrenz ab und signalisiert der Kundschaft: Wir sind immer aktuell gerüstet, um Ihre Bedürfnisse zu befriedigen!
Was mit dem Wetterbericht funktioniert, kann natürlich auch auf die politischen Tagesmeldungen, Sportnachrichten oder andere Ereignisse angewendet werden. Allerdings sollet man seine Zielgruppe genau kennen.
Quellen:
express.de/ratgeber/verbraucher/umstellung-fuer-kunden-aldi-sued-plant-aenderung-an-kassen-in-allen-filialen-38009546?cb=1615816054911
lebensmittelpraxis.de/suesswaren/7864-an-der-kasse-richtig-kasse-machen.html
onlinemarketing.de/performance-marketing/online-haendler-impulskaeufe-wetter-triggering-intelligent-steuern
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