Die Frage nach der Kundentoilette wird häufig gestellt. Denn nicht immer ist das „menschliche Bedürfnis“ planbar und hat Zeit bis nach dem Einkauf. Doch gerade im Einzelhandel sind Kundentoiletten eher Mangelware. Das ist für Familien, die mit kleinen Kindern unterwegs sind, mehr als lästig. Auch ältere Menschen, die häufig mit einer Blasenschwäche zu kämpfen haben, wären für eine Kundentoilette dankbar.
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Eine Kundentoilette im Geschäft – Wie sieht es der Kunde?
Während die Kunden in den großen Einkaufszentren Kundentoiletten vorfinden, bleibt Ihnen in den kleineren Läden oft nur die Option, das Verkaufspersonal nach einem WC zu fragen. Das ist vielen Kunden peinlich. Außerdem hat nicht jeder Laden die Möglichkeit, den Kunden den Gang beispielsweise zur Personaltoilette zu ermöglichen. Die Personaltoiletten befinden sich nicht selten relativ weit vom Verkaufsraum entfernt, die Kunden müssten betriebsinterne Bereiche wie Lagerräume, Büros oder Aufenthaltsräume des Personals betreten. Das ist aus datenschutztechnischen Gründen völlig ausgeschlossen, auch der Schutz der Privatsphäre der Mitarbeiter muss gewährleistet sein. Falls nun aber Ladeninhaber oder das Verkaufspersonal gezwungen sind, die Kunden wegzuschicken, wenn sie nach einer Toilette fragen, müssen sie damit rechnen, dass die Kunden nicht wiederkommen. Wenn es nicht eilig ist, beenden sie eventuell noch ihren Einkauf. Wenn es eilig ist, verlassen sie das Geschäft und kommen nicht mehr zurück, da sie ihren Einkauf dort fortsetzen, wohin es sie auf der Suche nach einer Toilette verschlagen hat. Die fehlende Kundentoilette hat dem Geschäft Umsatzeinbußen und im schlimmsten Fall verärgerte Kunden beschert. Es macht also durchaus Sinn, wenn auch kleinere Geschäfte Kundentoiletten anbieten.
Gibt es eine Toilettenpflicht für den Einzelhandel?
Das Thema ist bisher weder pauschal noch bundeseinheitlich geregelt. In puncto Kundentoiletten betreibt jedes Bundesland sein eigenes Konzept. Allerdings gibt es bisher bundesweit kein Gesetz, das Sie als Inhaber eines kleinen Ladens zwingen kann, eine Kundentoilette einzurichten. Sie sollten aber im eigenen Interesse über die Einrichtung einer Kundentoilette nachdenken. Wenn auch der Werbeslogan „Bei uns ist der Kunde König“ mehr als verstaubt daherkommt, gilt trotzdem gerade heute der Service als Schlüssel zum Erfolg. Die Konkurrenz schläft nicht, und der Wettbewerb wird nicht ausschließlich über Preise und Schnäppchenangebote betrieben. Anspruchsvolle Kunden, die beispielsweise eine kleine, aber feine Boutique aufsuchen, legen Wert auf gehobenen Service. Und bei der Servicequalität steht die Kundentoilette hoch im Kurs. Sie verschaffen sich mit der Einrichtung einer Kundentoilette einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Allerdings sind die baulichen Maßnahmen mit hohen Kosten verbunden und machen für die kleinen Geschäfte nicht viel Sinn. Doch es gibt Alternativen.
Wie ist die rechtliche Situation von Kundentoiletten?
Es gibt Vorschriften und baurechtliche Vorgaben, ab welcher Verkaufsfläche der Einzelhandel Kundentoiletten zur Verfügung stellen muss. Doch das ist nicht bundeseinheitlich geregelt.
In Hessen beispielsweise steht der Handelsverband auf dem Standpunkt, die bereits vorhandenen Kundentoiletten in den größeren Kaufhäusern und Supermärkten seien ausreichend. Man befürchtet Probleme, wenn die mit bürokratischen Auflagen behafteten baulichen Maßnahmen den kleineren Geschäften im Einzelhandel aufgezwungen werden sollten. Es sei vielmehr Aufgabe der Kommunen, verstärkt öffentliche Toiletten anzubieten.
In Bayern ist geplant, die Landesbauordnung zu ändern, damit den Bürgern ein Rechtsanspruch zusteht. Dieser bezieht sich auf sanitäre Anlagen in Supermärkten. Bei Neubauten soll die Barrierefreiheit berücksichtigt werden. Auch im Saarland geht die Tendenz zur Pflicht für die Kundentoilette im Einzelhandel.
In Berlin gibt es bereits seit 2016 eine Toilettenpflicht für Einrichtungen des Einzelhandels. Die Bemessungsgrenze liegt bei einer Verkaufsfläche von über 400 Quadratmetern. Damit wurde die frühere Handhabung, die ab einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern galt und eher eine „Kann-Bestimmung“ darstellte, deutlich verschärft.
Wie sieht eine vorschriftsmäßig ausgestattete Kundentoilette aus?
Wenn Sie sich dazu entschließen, in Ihrem Geschäft eine Kundentoilette anzubieten, müssen Sie einige baurechtliche Vorschriften erfüllen.
- Die Kundentoilette muss Sichtschutz bieten und darf nicht von außen einsehbar sein.
- Die Kundentoilette muss von innen per Schlüssel, Drehknauf, Riegel oder Haken abschließbar sein.
- Die Kundentoilette muss ausreichend groß sein, die Kunden sollen sie uneingeschränkt für die vorgesehenen Zwecke nutzen können.
- Die Kundentoilette muss regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden, der Putzplan muss nachvollziehbar und nachprüfbar sein.
- Geeignete Mittel zur Händereinigung wie Seife oder Desinfektionsmittel müssen ebenso wie fließendes warmes und kaltes Wasser zur Verfügung stehen.
- Papiertücher, Lüfter oder ähnliche Vorrichtungen zum Trocknen der Hände müssen vorhanden sein.
Außerdem sollten Sie sich Gedanken über den Standort der Kundentoilette machen. Zunächst müssen die baulichen Voraussetzungen geprüft werden. Ist Wasser- und Abwasseranschluss an der für die Kundentoilette vorgesehenen Stelle überhaupt verfügbar? Wie umfangreich gestalten sich die Umbaumaßnahmen? In Ihre Überlegungen sollte jedoch auch einfließen, dass die Kunden die Toilette problemlos und auf kurzem Wege erreichen können. Es empfiehlt sich nicht, die Kunden zuerst durch Lagerräume oder Personalräume zu schicken. Im Idealfall ist die Kundentoilette direkt vom Verkaufsraum aus erreichbar.
Welche Alternativen gibt es zur eigenen Kundentoilette?
Es gibt nun einmal Läden, die eine so kleine Grundfläche haben, dass eine eigene Kundentoilette unmöglich eingebaut werden kann. Oder die Umbaumaßnahmen würden das Budget sprengen. Als Inhaber eines kleineren Geschäftes müssen Sie aber nicht an der Situation verzweifeln. Es gibt pfiffige Möglichkeiten, wie Sie Ihren in Bedrängnis geratenen Kunden weiterhelfen können – auch wenn diese das „stille Örtchen“ nicht direkt in Ihrem Laden vorfinden.
Ideal ist es, wenn sich Ihr kleiner Laden in der Nähe von öffentlichen sanitären Anlagen befindet und Sie Ihre Kunden dorthin schicken können – das ist aber leider nicht immer gegeben.
Sich mit benachbarten Geschäftsleuten zusammen zu tun, stellt eine sinnvolle Alternative dar. Das Café gegenüber hat doch sicher eine Kundentoilette? Sprechen Sie den Inhaber an und schlagen Sie ihm eine Hilfe auf Gegenseitigkeit vor. Sie dürfen Ihre Kunden zur Toilette des Cafés schicken und legen im Gegenzug beispielsweise Flyer des Cafés in Ihrem Laden aus.
So verfügen Sie zwar nicht über eine eigene Kundentoilette, können Ihren Kunden aber in einer prekären Situation Hilfe anbieten. Die Kunden fühlen sich ernst genommen und verbuchen Ihre Bemühungen als Pluspunkt für Ihren Service.
Fazit
Zufriedene Kunden kommen wieder. Mit einer Kundentoilette machen Sie Ihre Kunden zu zufriedenen Kunden. Sie sichern sich einen Wettbewerbsvorteil und die Kunden werden Ihre Servicequalität zu schätzen wissen. Bedenken Sie: Gerade im Einzelhandel und für die Betreiber kleinerer Läden ist die Kommunikation mit den Kunden ein unschätzbares Wettbewerbsinstrument. Wenn Sie keine eigene Kundentoilette anbieten können, werden Ihre Bemühungen um Alternativen sicherlich honoriert.
Quellen:
shopdirect-online.de/magazin/ratgeber/kundentoiletten-einzelhandel
storefitting.com/magazin/dc/kundentoiletten-einzelhandel/
ixtenso.de/technologie/nicht-zu-unterschaetzen-kundentoiletten-als-service.html
zeit.de/news/2020-10/14/handelsverband-gegen-pflicht-fuer-supermarkt-kundentoilette
ihk-berlin.de/politische-positionen-und-statistiken-channel/stadtentwicklung/bauen-und-wohnen/toilettenpflicht-bauordnung-3429650
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