Reklamationen, Beschwerden, Garantie, Kulanz und Widerruf – was hat es mit diesen Begriffen auf sich? So ganz sauber wird im allgemeinen Sprachgebrauch nicht unterschieden. Deshalb ist es für Einzelhändler umso wichtiger, die verschiedenen Begriffe zu kennen. Eine genaue Definition steht am Anfang, aber natürlich sollten auch die gesetzlichen Implikationen klar sein. Wir bringen Licht ins Dunkel!
Inhaltsverzeichnis
Reklamation: Der Verbraucher nimmt sein Recht auf Gewährleistung wahr
Eine Reklamation ist dann erfolgreich, wenn ein Sachmangel existiert. Und zwar muss es sich um einen Sachmangel handeln, der schon vor der Produktübergabe so bestanden hat. Das bedeutet konkret: Die gekaufte Ware war beim Kauf nicht in dem Zustand oder von der Beschaffenheit, die im Kaufvertrag vereinbart wurden.
In diesem Fall kann der Kunde das Recht auf Gewährleistung wahrnehmen. Voraussetzung für eine Reklamation (und die Gewährleistung) ist der Kaufvertrag. Der muss zustande kommen. Das kann in schriftlicher Form sein, es kann sich aber auch um eine mündliche Form handeln. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn beispielsweise beim Bäcker Brötchen erworben werden und der Kassenbeleg das einzige Schriftstück dazu ist. Der Anbieter ist immer dazu verpflichtet, mangelfreie Ware zu übergeben und die mit der Ware verbundenen Rechte auf den Käufer oder die Käuferin zu übertragen. Passiert das nicht, kann der Verbraucher oder die Verbraucherin eine Erfüllung der Vertragspflicht einfordern. Das ist es, was eine Reklamation meint.
Reparatur oder Umtausch der defekten Ware
Gemäß §§437 Nr. 1, 438 BGB darf bei beschädigter oder mangelhafter Ware eine Reklamation erfolgen. Der Kaufvertrag besteht weiterhin und muss erfüllt werden. Das bedeutet im Klartext, dass dem Kunden oder der Kundin Ersatz in Form von mangelfreier Ware oder eine Reparatur zustehen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn der Mangel schon zum Kaufzeitpunkt, also bei der Übergabe der Ware, bestand. Der Mangel muss sich nicht exakt in diesem Moment bemerkbar machen, sondern kann auch später noch beanstandet werden.
Diese gesetzliche Regelung gilt auch bei reduzierte Ware. Defekte Waren können von Kunden und Kundinnen immer reklamiert werden. Allerdings ist zu beachten: Werden Waren reduziert, weil sie mangelhaft sind, und sind die Mängel deutlich gekennzeichnet (als Grund für die Preisreduktion), ist das eine andere Sache. Dann ist eine Reklamation der als Grund für die Reduktion angegebenen Mängel schwierig. Denn im Grunde genommen war bei Abschluss des Kaufvertrags klar, dass die Ware mangelhaft ist – es wurde also ein Kaufvertrag für offensichtlich und akzeptiert mangelhafte Ware abgeschlossen.
Verjährt Reklamationspflicht?
Händler und Händlerinnen sind völlig frei in der Gestaltung des Umtauschrechts. Ein zweiwöchiges Umtauschrecht bei Nichtgefallen, kleineren Mängeln (die nicht zwangsläufig schon bei Abschluss des Kaufvertrags bestanden) oder bei Umtausch aus nicht genannten Gründen wird von vielen Händlern und Händlerinnen freiwillig angeboten.
Das sieht bei dem gesetzlich geregelten Recht auf Reklamation etwas anders aus: Die Gewährleistungsfrist lässt sich nicht verkürzen. Sie ist per Gesetz auf zwei Jahre festgelegt. Aber, und das wissen viele Kunden und Kundinnen nicht: Händler und Händlerinnen sind nur in der Pflicht, wenn die Mängel bereits bei Abschluss des Kaufvertrags bestanden! Ein Beispiel verdeutlicht das vielleicht:
- Die Nähte einer Bluse sind nicht fachgerecht gearbeitet. Beim Kauf ist das Kleidungsstück intakt, nach einmal Tragen haben sich zwei Nähte gelöst. Die Kundin reklamiert das Kleidungsstück. Sie hat ein Recht auf Umtausch oder Reparatur. Denn der Schaden (aufgetrennte Nähte) entstand durch die mangelhaft verarbeitete Ware.
- Ein CD-Spieler wird in einwandfreiem Zustand käuflich erworben. Das Gerät steht in einem normalen Jugendzimmer im Dachgeschoss. Die Klappe des CD-Spielers schließt nicht dicht, Staub und die Dünste der nahen Küche dringen ein. Nach einigen Monaten ist die Linse des Lasers so beschlagen und verklebt, dass das Gerät de facto nicht mehr funktioniert. Der Kunde reklamiert. Der Händler leistet Ersatz, denn die Klappe des Geräts schließt nicht dicht genug.
- Ein baugleicher CD-Spieler wird in der Küche einer Raucherwohnung eingesetzt. Nach wenigen Wochen funktioniert die Laseroptik nicht mehr, sie ist mit Fett und Rauchrückständen verklebt. Der Kunde reklamiert – aber es liegt kein Mangel an der Ware vor. Der Händler muss keinen Ersatz leisten, denn die Unterhaltungselektronik besteht bekannterweise aus Komponenten, die gegenüber Luftverschmutzungen empfindlich sind. Dass der CD-Spieler nach einigen Wochen nicht mehr funktionierte, lag am Ort, an dem der Kunde ihn aufstellte. Leistet der Händler dennoch Ersatz, handelt es sich um eine freiwillige Leistung aus Kulanz.
Die Beschwerde äußert nur Unzufriedenheit des Kunden
Einer Reklamation liegt immer ein Mangel an der Ware zugrunde, die laut Kaufvertrag aber mangelfrei sein sollte. Mit der Reklamation ist grundsätzlich ein Rechtsanspruch verbunden: Das Produkt muss den im Kaufvertrag vereinbarten Vorgaben entsprechen.
Die Beschwerde dagegen drückt nur die Unzufriedenheit des Kunden oder Kundin aus. Optimalerweise formulieren unzufriedene Kunden und Kundinnen einen Beschwerdebrief, der konstruktive Kritik enthält und den Empfänger über vorzunehmende Verbesserungen informiert. Im Brief muss formuliert sein, dass die Verbesserungen definitiv vorzunehmen sind. Enthalten sein müssen außerdem die folgenden Angaben:
- Wann hat sich der Mangel ereignet?
- Wie hat sich der Mangel ereignet?
Der Brief kann nur beachtet werden, wenn er an die zuständige Stelle gerichtet ist – als Händler oder Händlerin ist man also nicht in der Pflicht, einen Brief voller Beleidigungen und ohne sachliche Angaben an die zuständige Stelle weiterzuleiten und dann auch noch Ersatz zu leisten.
Widerruf und Garantie
Der Widerruf betrifft den Kaufvertrag. Das Widerrufsrecht bedeutet, dass Verbraucher und Verbraucherinnen innerhalb von zwei Wochen auch ohne die Angabe von Gründen vom Kauf zurücktreten können. Dieses Widerrufsrecht bedeutet, dass der Kaufvertrag nicht mehr gültig ist und hat nichts mit einer Reklamation oder einer Beschwerde zu tun.
Die Garantie ist wiederum eine freiwillige Leistung. Zusätzlich zu der gesetzlich vorgeschriebenen zweijährigen Herstellergarantie auf technische Geräte geben oft Händler und Handelsketten eine eigene Garantie heraus, die über drei Jahre, fünf Jahre oder einen beliebigen Zeitraum reicht. Das bedeutet für Kunden und Kundinnen: Funktioniert ein Gerät innerhalb dieses Zeitraums nicht mehr, wird es auf Kosten des Händlers repariert oder umgetauscht. (Vgl. https://www.ladenbau.de/blog/umtausch-widerruf-rueckgabe-im-stationaeren-handel/)
Reklamationsmanagement
Es ist für Einzelhändler und -händlerinnen einfacher, Reklamationen standardisiert zu bearbeiten. Denn das garantiert eine schnelle Lösung, die wiederum für zufriedene Kunden und Kundinnen sorgt. Reklamationen sollten gespeichert werden, sodass die Daten auch ausgewertet werden können. Daraus lassen sich Rückschlüsse für eine künftig bessere Einkaufspolitik ziehen. Wichtig für Händler: Reklamationen und Beschwerden sind immer ein Anreiz, sich zu verbessern und an der Qualität zu arbeiten. Eine freundliche Annahme und zuvorkommende Reaktionen sind also kein Extra für den Kunden, sondern sollten selbstverständlich sein. Für das Reklamationsmanagement ist wichtig, dass Verbesserungen schnell umgesetzt werden. Die Suche nach Schuldigen ist dagegen kontraproduktiv und bindet Zeit und Arbeitskräfte. Zu einem guten Management gehört allerdings auch, dass alle Beschwerden vertraulich behandelt werden. Sie werden an die Beteiligten weitergeleitet, aber nicht im Betrieb breitgetreten.
Quellen:
osnabrueck.ihk24.de/recht-und-fair-play/handel-und-gewerbe/handelsrecht/umtauschruecktritt-1086222
impulse.de/recht-steuern/rechtsratgeber/reklamationsrecht/2180581.html
verbraucherzentrale.de/wissen/vertraege-reklamation/kundenrechte/gewaehrleistung-des-haendlers-5057
sevdesk.de/lexikon/reklamation
inventorum.com/de/blogs/was-fuer-regeln-gibt-es-fuer-umtausch-widerruf-und-rueckgabe/
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