Seit Januar 2020 gilt in Deutschland ein neues Kassengesetz. Die Umsetzung verzögert sich noch, sowohl in der Technik als auch im Tagesgeschäft. Die Belegpflicht ist Teil der Reform. Ganz Deutschland erwartet nun eine Flut unnötiger Kassenbons. Warum die „Belegpflicht“ keine „Kassenbonpflicht“ ist, und was sonst noch neu ist, fasst dieser Ratgeber zusammen.
Inhaltsverzeichnis
Punkt 1: Verordnung soll Steuerbetrug eindämmen
Zum 01.01.2020 ist in Deutschland die Kassensicherungsverordnung in Kraft getreten. Sie verpflichtet Gewerbetreibende, ihre elektronischen Kassen mit einer technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) auszustatten bzw. eine neue Registrierkasse nur mit TSE zu kaufen. Diese soll jede Transaktion unwiderruflich und fälschungssicher aufzeichnen. Damit will der Gesetzgeber Manipulationen an digitalen Kassenaufzeichnungen unterbinden. Erwartet werden Steuermehreinnahmen in Höhe von fünf bis zehn Milliarden Euro. In manchen Branchen, etwa bei Einzelhändlern wie Kioskbetreibern oder in Bäckereien sowie in der Gastronomie, sind die Möglichkeiten, nicht ordnungsgemäß zu versteuern, größer und das Risiko, entdeckt zu werden, geringer.
Punkt 2: Belegpflicht ist Teil des neuen Kassengesetzes
Mit jeder Transaktion wird nun ein Beleg fällig, der die ordnungsgemäße Versteuerung des Geschäfts sichtbar macht. Der Kassenbon enthält Pflichtangaben wie Name und Anschrift des Unternehmens und seine Umsatzsteuernummer, Datum, Art, Umfang und Menge der Ware mit Brutto- und Nettobetrag, die Mehrwertsteuer in Prozent und Euro sowie eine Vorgangsnummer. Hinzu kommt die Seriennummer der elektronischen Kasse oder der TSE und eine kryptografische Prüfnummer. Die digitale Signatur, die sich aus Daten des aktuellen und des vorherigen Belegs generiert, wird verschlüsselt im Kassenjournal gespeichert. Der Kassenzettel muss erstellt und dem Kunden angeboten werden.
Punkt 3: Es muss kein Kassenbon aus Papier sein
Mit dem Kassengesetz zeigt sich der Gesetzgeber offen für neue Technologien. Denn der Kassenzettel muss nicht unbedingt in Papierform erstellt werden. Der Bon kann auch elektronisch übermittelt werden: per E-Mail oder per NFC (Datenübertragung über kurze Distanz) ans Mobilphone. Doch für den Brötchenkauf beim Bäcker wird wohl kaum ein Kunde seine Mail-Adresse oder andere Daten hinterlegen, deshalb wird in diesen Fällen der Beleg wohl ausgedruckt werden. Allerdings ist der Kunde – zumindest in Deutschland – nicht verpflichtet, den Beleg auch tatsächlich mitzunehmen.
Punkt 4: Deutschland hinkt der Fiskalisierung hinterher
„Fiskalisierung“ nennt man die unveränderliche Datenspeicherung auf Registrierkassen. In vielen EU-Ländern ist das bereits Usus, in Frankreich schon seit Anfang der 1980er Jahre. Doch es gibt keine EU-einheitlichen Standards. Deutschland hat erst in diesem Jahrtausend begonnen, dem Finanzamt Zugriff auf den Export von strukturierten Umsatzdaten zu ermöglichen. Da viele, vor allem deutsche Kassensysteme deshalb bislang nicht ausreichend vor Manipulationen gesichert sind, wurde nun mit der TSE eine externe Komponente ergänzt, die genau diesen Schutz gewähren soll. Die Belegpflicht macht die aktive Buchung transparent.
Punkt 5: Eine elektronische Kasse ist keine Pflicht
Nach wie vor gibt es in Deutschland keine Pflicht, eine elektronische Kasse zu führen. Es darf immer noch eine mechanische Kasse oder einfach eine Geldkassette, eine so genannte offene Kasse sein. Marktbeschicker führen beispielsweise häufig solche Kassen. Für diese gilt die Kassensicherungsverordnung samt Kassenbonpflicht nicht. Sehr wohl aber müssen sie für eine ordnungsgemäße Führung eines Kassenbuchs sorgen. Dabei reichen kumulierte Umsätze nicht aus, es müssen Einzelaufzeichnungen sein. Außerdem sind sie verpflichtet, dem Finanzamt jederzeit Zugang zu den Aufzeichnungen zu gewähren.
Punkt 6: Fristen und Übergangszeiten
Noch sind die neuen Angaben nicht auf allen Kassenzetteln zu sehen. Das liegt daran, dass sich die Produktion der TSE-Elemente einschließlich deren Zertifizierung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik verzögert, weil die Anforderungen an sie nicht früh genug festgelegt wurden. Deshalb gilt generell eine Übergangsfrist bis zum September 2020, die eigene Registrierkasse nachzurüsten. Für Registrierkassen, die bauartbedingt nicht aufzurüsten sind, gilt eine Ausnahme. Und zwar für nur für solche, die nach dem 25.11.2010 und vor dem 01.01.2020 angeschafft wurden. Sie dürfen bis zum 31.12.2022 weiterverwendet werden. Ausnahme für Härtefälle (Zumutbarkeit oder Praktikabilität, beispielsweise Stromausfall oder Hochwasser) können beim Finanzamt beantragt werden, die Entscheidung fällt für den Einzelfall. Nach Ablauf der Fristen bzw. Übergangszeiten kann ein Verstoß gegen das neue Kassengesetz Geldbußen bis zu 25.000 Euro nach sich ziehen.
Punkt 7: Im Fokus der Finanzbehörden
Wer eine elektronische Registrierkasse nutzt, muss ab dem 30. 09.2020 ihre Seriennummer beim Finanzamt anmelden. Mit dem neuen System können die Finanzämter jeden einzelnen Kassenvorgang sehr genau nachprüfen. Manipulationen lassen sich sofort aufdecken, weil dann die Kontinuität der digitalen Signatur unterbrochen ist. Wer keine Kasse mit TSE einsetzt, rückt automatisch in den Fokus der Finanzbehörden. Es ist sehr viel wahrscheinlicher, dass sie genau in diesen Betrieb zu einer unangekündigten Kassennachschau kommen oder eine aufwändige Betriebsprüfung durchführen. Mit der neuen digitalen Kassennachschau lässt sich die Kontrolle in Minutenschnelle erledigen.
Punkt 8: Kosten für eine TSE
Die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung besteht aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle. Die TSE kann eine zusätzliche Hartware in der Größe eines USB-Sticks oder einer SD-Karte sein oder eine Cloud-Lösung. Eine Absicherung der Belege über das Internet ist derzeit nur mit einem Hardware-Sicherheitselement an der Kasse möglich. Das soll sich bis Mitte 2020 ändern.
Die Kosten für die Hartware-TSE belaufen sich – so die Angaben einiger Hersteller – auf rund 300 Euro, wobei das Zertifikat fünf Jahre gültig ist. Ein Internet-Service ist in der Installation preiswerter, aber die monatlichen Gebühren richten sich nach der Anzahl der Signaturen, und in der Regel bindet man sich fünf Jahre. Die Umrüstung wird derzeit in Deutschland nicht bezuschusst.
Es ist empfehlenswert, den Hersteller der eigenen Kasse zu fragen, ob eine TSE per Software-Update eingeführt werden kann oder der Kauf einer neuen Kasse nötig ist. Nur so sichergestellt ist, dass die TSE auch zum eigenen Kassensystem passt.
Punkt 9: Noch keine einheitliche Lösung in Deutschland
Einige Ladenketten bieten Apps für die Kommunikation mit dem Kunden. Sie können unter anderem Quittungen elektronisch übertragen. Allerdings geht das papierlose Kassieren bislang nur innerhalb der jeweiligen Ladenkette und nur auf aktivierte Kundenkonten. Außerdem gibt es ein paar kassenexterne Systeme für den Handel, bei denen der Kunde ausdrücklich zustimmen oder ablehnen kann, ob sein Beleg elektronisch zugestellt werden soll. Für eine gesamtdeutsche digitale Lösung der Kassenbon Pflicht scheint es vorerst noch keinen Bedarf zu geben.
Quellen:
- kassensichv.com
- Heise online
- Orange, Handelsblatt
- T-online
- Handwerk.com
- Kassensystemvergleich
- Handwerksblatt
Interessant, dass eine elektronische Kasse in Deutschland heutzutage immer noch keine Pflicht ist. Gerade bin ich auf der Suche nach einer Registrierkasse für den Verein, in dem ich mich ehrenamtlich engagiere. Mein Vorgänger hat die Finanzen etwas schleifen lassen, weshalb ich da für Ordnung sorgen möchte.