Weil jeder Euro zählt, suchen Sie als Einzelhändler Wege, Kosten zu sparen, um so Ihre Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Insbesondere bei den Beschaffungskosten lassen sich durch gemeinschaftlichen Einkauf bessere Konditionen verhandeln. Von welchen Leistungen Sie als Mitglied einer Einkaufsgemeinschaft noch profitieren können, erläutert dieser Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis
Warum lohnt es sich, in größerer Menge einzukaufen?
Als Einzelhändler allein haben Sie es schwer, sich gegen „die Großen“ durchzusetzen: Ihre Einkaufmengen sind zu gering, um Konditionen zu beeinflussen. Also gilt es, Mengen zu bündeln, um eine bessere Verhandlungsposition zu erzielen.
Nach den Regeln des Marktes sinkt der Preis pro Stück, wenn Sie die Einkaufsmenge erhöhen. Das kann auch in Staffelungen erfolgen. Auf der anderen Seite reduziert sich mit jedem Stück mehr der Anteil an den fixen Gemeinkosten: Der Aufwand an Zeit und Büromaterial etc. ist der gleiche, ob Sie zehn oder hundert Stück bestellen. Die Abwicklung wird rationeller. Außerdem sinken die Einkaufsnebenkosten für Transport, Versicherung, Zoll, Provision, Verpackung und Qualitätszertifikate.
Mit einer größeren Bestellung gelangen Sie darüber hinaus in die Position, mehr Risiken auf den Lieferanten abzuwälzen: Er sollte beispielsweise die so genannten Fehlmengenkosten tragen, die entstehen, wenn es zu Bestell-Pannen oder Lieferverzögerungen kommt.
Für welche Bereiche ist eine Einkaufsgemeinschaft sinnvoll?
Eine ganze Reihe an Kategorien aus dem nicht-strategischen Bereich bieten sich für den gemeinschaftlichen Einkauf auch mit konkurrierenden Unternehmen an, ohne dass Sie Ihre Marktposition gefährden. Hier ein paar Beispiele:
- Bürobedarf – etwa Papier, EDV oder Büromöbel
- Verbrauchsgüter – etwa Werkzeuge, Arbeitsbekleidung oder Verpackungsmaterial
- Gebäudereinigung und Handwerkerleistungen
- Fahrzeuge – etwa Dienstwagen, Reifen oder Wartung
- Energie – etwa Strom, Öl/Gas oder Benzin
Wie strukturieren Sie eine eigene Einkaufsgemeinschaft?
In der einfachsten Form arrangieren sich zwei Einzelhändler. Gleichgesinnte finden Sie beispielsweise in Ihrem Netzwerk, über Ihren Branchenverband, bei Wirtschaftszusammenschlüssen oder über die Internetsuche. Unbürokratisch regeln Sie in einem einfachen Vertrag:
- Was kaufen Sie gemeinschaftlich ein?
- Was sind Zweck und Ziel Ihres Verbunds?
- Wie lange läuft der Vertrag?
- Wer kümmert sich um den Einkauf?
- Wie wird der Aufwand aufgeteilt?
- Wie werden Probleme geregelt?
Solche Absprachen unterliegen in Deutschland dem Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb und dem Kartellrecht: Aber erst wenn die Beteiligten damit über 10 bis 15 Prozent Marktanteil erreichen, ist der Vertrag genehmigungspflichtig. Die Organisationsform können Sie frei wählen. Sehr praktikabel ist eine lose Einkaufkooperation. Erst für größere Zusammenschlüsse lohnt sich der Kostenapparat einer Genossenschaft, Handelsgesellschaft oder einer anderen Rechtsform.
Was leisten bestehende Handelskooperationen?
Bei Ihrer Recherche werden Sie auf verschiedenerlei Begriffe stoßen: Integrierter Handel, Handelskooperation, kooperierende Gruppe, Verbundgruppe, Einkaufskontor, Einkaufsvereinigung, Einkaufsverband, Einkaufsgesellschaft, Einkaufspool, Einkaufsgenossenschaft. Die unterschiedlichen Bezeichnungen ergeben sich aus der Qualität und Tiefe, mit der die jeweilige Gruppe Aufgaben für ihre Mitglieder übernimmt. Wesentliches Kennzeichen aller ist, dass Sie als Unternehmer jederzeit bei- oder austreten können und keinem Bezugszwang unterliegen. Hauptzweck ist, die Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb gleichberechtigt in ihrer Wirtschaftlichkeit zu fördern. Das kann sowohl horizontal (z. B. zwei Einzelhändler auf gleicher Produktionsstufe) als auch vertikal (z. B. ein Einzelhändler und sein Zulieferer – mit vorgelagerter Produktion) oder als Konglomerat (ein Einzelhändler und eine Spedition – zwei unterschiedliche Branchen) erfolgen. Üblich sind Verbundgruppen im Einzelhandel, im Großhandel, bei Handwerkern, in der Gastronomie und für Freiberufler.
In Deutschland sind nach Angaben des Mittelstandverbunds ZGV rund 230.000 mittelständische Unternehmen in rund 310 Verbundgruppen aus 45 Branchen organisiert. Bekannt sind Namen wie Intersport, Rewe Group, Hagebau oder Bäko.
Was sind die Hauptaufgaben einer Verbundgruppe?
Zentrale Aufgaben sind:
- Waren beschaffen
- Absatzgebiete abgrenzen
- Handelsmarken entwickeln
- Marketing
- zentrale Abrechnung
- Rückvergütung
Bei einem Pool, der einfachsten Form des Zusammenschlusses, werden nur Mengen gebündelt, um bessere Konditionen auszuhandeln.
Innerhalb einer Verbundgruppe, in der die Mitglieder abgegrenzte Absatzgebiete bedienen (Gebietsschutz), dehnt sich die Warenbeschaffung auch auf Handelsware, also die strategischen Produkte, aus. Es besteht ein Artikelpool mit gemeinschaftlichem Preismodell. Mit Eigenmarken wird versucht, preisliche Unvergleichbarkeit und einen USP zu schaffen. Ideen für den POS werden entwickelt. Marketing und Werbung haben innerhalb der Gruppe einen hohen Stellenwert, um dem steigenden Wettbewerbsdrucks durch Flächenmärkte zu begegnen. Mit Markenprogrammen und Corporate-Identity-Gruppen, die unterschiedliche Geschäftsgrößen, Sortimente und Zielgruppen umfassen, soll die Fläche erobert werden. Die Zentrale übernimmt die Verwaltung über ein Managementsystem für das Bestellwesen, die Abrechnung und die Rückvergütung. Als Beispiel sei die Sagaflor genannt, eine Verbundgruppe für Gartencenter und Tierhandlungen im deutschsprachigen Raum. Ihre Programme sind „Bellandris“, „hier blüh ich auf!“ und „grün erleben“ sowie „Zoo & Co.“ und „Tier total“.
Welche zusätzlichen Dienstleistungen erfüllen Einkaufsverbände?
Weitere wichtige Unternehmensdienstleistungen sind:
- Beratung
- Personalwesen und Personalsuche
- Finanzierung und Kapitalbeschaffung
- Rechtswesen und Beratung
- Controlling und Frühwarnung
- Netzwerken
- Aus- und Fortbildung
- Vorsorge
Die Mitglieder profitieren bei der Vernetzung auch dadurch, dass Managementsoftware nutzen können, ihre Bonität steigt und Risiken dezimiert werden. Die Zentrale sorgt für Informationsfluss, auch im kollegialen Austausch. Sie kümmert sich um Weiterbildung, Schulung und Ausbildung. Sie hilft bei der Kapitalbeschaffung und der Finanzierung.
Ein Beispiel für eine Handelskooperation ist die EK/servicegroup. Sie bedient europaweit die Geschäftsfelder EK Home, EK Wohnen, EK Heimwerken, EK Sport und EK Bücher. Rund 800 Mitarbeiter sind im Dienste der rund 3.800 Handelspartner tätig in den Warenbereichen Living, Hausgeräte, Möbel, Küchen, Leuchten, Elektroinstallationsartikel, DIY, Spielwaren, Bücher, PBS, Babyausstattung, Fashion, Heimtextilien, Sportartikel, Lederwaren und Schmuck.
Die EK/servicegroup bietet ihren Mitgliedern außerdem
- Extranet
- Großlager
- Versand und Logistik
- Branchenveranstaltungen
- Digitale Entwicklung
Was zeichnet Genossenschaften aus?
Das genossenschaftliche System hat bereits eine 150-jährige Geschichte. Zum günstigen Bezug von Lebensmitteln kamen bald Wohnungsbau und Sparkassendienste hinzu. Außerdem entstanden schon früh Kooperativen mit dem Zweck, Arbeitsplätze zu sichern. Bei einer Genossenschaft sind die Mitglieder zugleich Eigentümer und Kunden (Identitätsprinzip). Jeder hat eine Stimme; Entscheidungen fallen demokratisch. Die Geschäftsführung – aus den Reihen der Mitglieder – wird jedes Jahr von einem gesetzlichen Prüfverband unabhängig auf Ordnungsmäßigkeit geprüft. Heutige Neugründungen kümmern sich vielfach um weniger marktmächtige Bereiche oder Nischen, beispielsweise um den Vertrieb ökologischer Nahrungsmittel oder um Ökostrom.
Was ist charakteristisch für Franchise?
Ein Franchisenehmer übernimmt ein Geschäftskonzept und nutzt es nach seinen Vorstellungen. Er ist rechtlich und finanziell unabhängig und zahlt ein Nutzungsentgelt an den Franchisegeber. Im Unterschied zu Verbundgruppen haben Franchise-Systeme einen „Systemkopf“. Dieser sorgt für einheitliche Strukturen und kann schnell Entscheidungen für die Gruppe treffen. Laut Franchise Portal ist Franchise bei Übernahmen, Expansion und Internationalisierung wirkungsvoll: Die Anpassung an lokale Märkte ist einfacher. Mehr und mehr vermischen sich die verschiedenen Typen von Unternehmensnetzwerken.
Was bringt ein Einkaufsdienstleister?
Bei einer Einkaufsgemeinschaft haben Sie alles aus einer Hand. Alternativ können Sie auch selbst einzelne Dienstleister beauftragen, die ein oder andere unternehmerische Aufgabe für Sie zu übernehmen. Beispielsweise kümmert sich eine Marketingagentur um Ihre Werbung und Öffentlichkeitsarbeit, ein Marktforschungsinstitut untersucht mögliche Absatzfelder und eine Spedition erledigt Ihre Fuhraufgaben. Externe helfen Ihnen als Experten in ihren jeweiligen Fachgebieten, Kosten zu sparen. Sie gewinnen Zeit für Ihre Kernaufgaben, wie Messe- und Lieferantenbesuche, Einkaufsreisen, Importgeschäfte, Einkaufsverhandlungen, Lieferantenbewertungen. Während Sie sich intensiv um Ihre A-Kunden kümmern, könnte ein Einkaufsdienstleister die aufwendige, weniger ertragreiche Betreuung der B- und C-Kunden übernehmen. „Outsourcen“ können Sie außerdem
- Einkaufsabwicklung: Angebote auswerten, Bestellungen schreiben, Liefertermine überwachen, Rechnungen prüfen, Reklamationen abwickeln
- Informationsbeschaffung: Länder, Messen, Patente, Importfragen
- Nicht-strategischer Einkauf: Büromaterial, Verpackungsmittel, Energie, Drucksachen
- Hausmeisterservice: Reinigung, Instandsetzung, Handwerker
- Marketing und Werbung
- Logistik: Verpackung, Versand, Lagerhaltung
- Weiterbildung: Schulung, Training, Ausbildung
- Lieferantensuche
Fazit: Einkaufsgemeinschaften sind lohnenswert
Gleich ob Sie ein kleines oder ein großes Einzelhandelsgeschäft führen: Der gemeinschaftliche Einkauf verbessert die Wirtschaftlichkeit Ihres Unternehmens. Befragen Sie Ihre IHK, Ihren Branchenverband und Ihre Kollegen und wägen Sie ab, ob für Sie ein Outsourcing, eine eigene Einkaufsgemeinschaft oder der Anschluss an einen Verbund oder eine Genossenschaft in Frage kommt.
Quellen:
kmuzentrale.de
wirtschaftslexikon.de
mittelstandsverbund.de
franchiseportal.de
Internationales Centrum für Franchising und Cooperation
Jens Holtmann, Erfolgreiche Einkaufspraxis
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