HINWEIS:
Dieser Ratgeber wurde am 23.10.2024 von Ute Roggendorf überarbeitet & aktualisiert.
Ob ein Kleidungsstück richtig sitzt, wie seine Gesamtbeschaffenheit ist und ob sich der Kunde darin gefällt, lässt sich viel besser entscheiden, wenn es eine Möglichkeit zur Anprobe gibt. Im traditionellen Textileinzelhandel oder Bekleidungsgeschäft gehören deshalb Umkleidekabinen zur Geschäftsausstattung. In ihr kann der Kunde in Ruhe seine Vorauswahl ausprobieren und ist vor unerwünschten Blicken geschützt. Vielleicht ist sogar jemand verfügbar, der ihn berät und alternative Modelle bzw. Größen in die Kabine reicht. Eine Anprobemöglichkeit hilft dem Kunden bei der Entscheidungsfindung und ist darum in vielen Fällen ausschlaggebend für seinen Einkauf: Die optimale Kabine ist groß genug, hell und gut belüftet. Außerdem sind genügend Kabinen vorhanden. Beherzigen Sie diese bewährten Tipps, werden die Umkleidekabinen auch in Ihrem Geschäft den Umsatz ankurbeln!
Inhaltsverzeichnis
Wo platziere ich die Umkleide?
Im Textileinzelhandel wird die Frage nach einer geeigneten Umziehmöglichkeit sicherlich ziemlich häufig auftauchen. Doch weil der Platz in einem Ladenlokal kostbar ist, rücken Umkleidekabinen häufig in entlegenere Winkel. Das ist nicht unbedingt ungünstig, sofern Sie an mehreren Stellen und groß genug darauf hinweisen, wo die Kabinen zu finden sind. Bedenken Sie allerdings, dass Kunden manchmal faul sind und nicht gern in den hintersten Winkel Ihres Geschäfts laufen möchten, um etwas anzuprobieren. Insbesondere wenn sie auf sich allein gestellt sind und mehrmals hin- und her laufen müssen, bis Größe und Modell zusagen. Ebenso gilt für Ihr beratendes Personal, dass weite Wege sehr viel Zeit schlucken, andere Kunden warten müssten und es zudem schwieriger ist, den Überblick über den Laden zu behalten.
In großen Kaufhäusern liegen die Umkleiden häufig vereint in einem Randbereich, der räumlich abgetrennt ist und wo jemand davor darauf achtet, ob alle Kunden ausreichend versorgt sind. Das bietet zudem den Vorteil, dass genügend Umkleidemöglichkeiten vorhanden sind und es nicht zu Wartezeiten kommt. Wenn Sie eine Umkleidezeile einrichten möchten, aber keine festen Wände errichten wollen, bieten sich Anbauelemente für Umkleidekabinen an. Ein Bausatz besteht aus zwei Wänden, so dass Sie mit mehreren Sätzen eine Zeile errichten können. Jede Wand hat eine Dekorplatte sowie oben und unten Halterungen für die Befestigung. Wenn Sie nur eine Kabine aufstellen möchten, gibt es Umkleidekabinen aus Holz mit drei Wänden plus Vorhang – alternativ mit Wänden aus Aluminium. Solche Umkleiden sind sowohl stationär als auch mobil auf Rädern erhältlich.
In einem kleineren Laden ist eine Platzierung mittendrin im Geschehen – oder im Sortiment – vielfach sinnvoller. Sie könnte aber durchaus auch eine Ergänzung zu den Stammumkleidekabinen im hinteren Bereich sein.
Eine mobile Umkleidekabine lässt sich an beliebigem Platz aufstellen. Sehr flexibel sind Sie mit Umkleidekabinen mit freistehendem Metallrahmen, die rundherum mit einem Vorhang verschlossen werden. Der Stoff ist blickdicht, strapazierfähig und schwer entflammbar. Entscheiden Sie, ob in Ihrem Ladenumfeld ein heller Stoff oder ein dunkler Stoff günstiger als Kontrast zu den anprobierten Kleidungsstücken ist.
Wenn Sie eine Rückwand nutzen können, bieten sich Vorhangstangen für Umkleidekabinen zur Wandmontage an: Sie bilden Kabinen mit halbrunder oder mit eckiger Fläche, die ebenfalls mit Vorhangstoffen verschlossen werden.
Wie sollte meine Umkleidekabine grundsätzlich beschaffen sein?
Damit Menschen aller Körpermaße eine Umkleidekabine nutzen können, sollte sie vor allem groß genug sein. In der Schweiz gibt es eine Norm für hindernisfreie Bauten, die besagt, dass ein Bewegungsraum von 1,40 m x 1,40 m bzw. von 1,20 m x 1,80 m frei nutzbar sein sollte. Das ist ein guter Anhaltspunkt, damit sich Kunden beim Anprobieren wohl fühlen, denn das beeinflusst ihre Kaufentscheidung. Der Kunde ist nicht in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, sondern kann sich nach Herzenslust drehen und wenden, um sich zu betrachten. Üblicherweise sind solche Kabinen ohne Stufen, Absätze oder Gefälle zugänglich, so dass sie auch ein Mensch mit Rollstuhl oder Krücken problemlos nutzen kann. Deshalb sollte auch der Bodenbelag fest und eben sein. Bedenken Sie aber, dass sich vielleicht feine Dessous besser verkaufen, wenn die Kabine mit einem flauschigen Teppich ausgelegt ist… Wichtig indes ist, dass die Kabine sich verschließen lässt. Das kann eine sich nach außen öffnende Tür sein oder auch ein Vorhang für Umkleidekabinen, der schwer genug ist, dass er nicht von selbst aufweht oder zurückschlägt. Andererseits müssen Sie darauf achten, dass der Vorhangstoff (oder Teppich) schwer entflammbar ist – so wie sowieso alle Textilien, die Sie zur Raumgestaltung in Ihrem Laden verwenden. Insgesamt soll die Umkleidekabine dem Kunden einen blickdichten geschützten Raum bieten, in dem er in Ruhe und allein anprobiert.
Wie sorge ich für eine angenehme Anprobe?
Neben einer geräumigen und blickdichten Kabine sollten Sie einige Einrichtungsgegenstände in der Kabine platzieren: Das Wichtigste ist der Spiegel – ausreichend groß, um sich komplett darin anschauen zu können. Besser noch ist es, wenn es weitere Spiegel gibt, die so angeordnet sind, dass sich der Kunde von möglichst vielen Seiten gut betrachten kann. Insbesondere die Passform des Rückens lässt sich sonst nur schwerlich selbst überprüfen.
Da er Kleidung zum Anprobieren mit in die Kabine nimmt, braucht er Kleiderhaken oder eine Kleiderstange für die ausgewählte Kleidung, aber auch für seine eigene, die er für die Anprobe ablegt. Bestenfalls gibt es genügend Aufhänge- und Ablagemöglichkeiten, so dass die Privatkleidung nicht mit der Neuware vermischt wird. Manche Kleidungsstücke lassen sich besser im Sitzen anziehen, so dass ein Hocker oder Stuhl in der Kabine stehen sollte. Empfehlenswert sind zudem einige Haltegriff: Ein horizontaler auf circa 90 cm Höhe und ein vertikaler neben dem Spiegel, etwa zwischen 0,90 m und 1,80 m. Sitz- und Haltepunkte sind insbesondere für Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit hilfreich, wenn nicht sogar notwendig. Da bei der Anprobe häufig die Schuhe ausgezogen werden, sollte es zumindest eine Fußmatte geben, damit der Kundenfuß nicht auf kaltem Boden steht.
Wer noch mehr Behaglichkeit schaffen möchte, kann einen Schuhlöffel, Kosmetiktücher, Notizzettel oder einen Handspiegel zur Verfügung stellen. In teureren Boutiquen wird der Kundin auch schon mal ein Glas Sekt gereicht…
Nicht vergessen sollten Sie, auch vor der Kabine Spiegel anzubringen, damit der Kunde sich in einem größeren Raum betrachten kann, sich in Bewegung sehen kann und weil er vielleicht mit Ihrem Personal Rücksprache halten möchte.
Gerade in einer Umkleidekabine lassen sich mit Farben und Düften erstaunliche Effekte erzielen. Während Duftspender unter anderem negative Gerüche neutralisieren, ruft jede Farbe eine bestimmte emotionale Wirkung hervor. Auch damit können Sie das Kaufverhalten beeinflussen.
Welche Beleuchtung ist für eine Umkleidekabine ratsam?
Der Beleuchtung kommt eine wichtige Rolle zu: Der Kunde möchte sich von allen Seiten gut sehen können. Das Licht darf dabei nicht zu grell oder hell sein, weil es dann sämtliche Unvollkommenheiten und Makel zum Vorschein bringt oder gar hervorhebt. Das ist eine denkbar schlechte Option, denn wer sich selbst nicht gefällt, assoziiert dies schnell mit dem jeweiligen Kleidungsstück. Aber auch ein weiches, bernsteinfarbenes Licht zeigt zwar eine schöne Haut und lässt Kunden in der Umkleidekabine überdurchschnittlich gut aussehen, jedoch ist die spätere Enttäuschung vorprogrammiert. Deshalb sollte Ihre Kabinenbeleuchtung nicht allzu fern von normalen Lichtverhältnissen sein. Denn sieht das neue Lieblingsteil bei Tageslicht einfach nur schrecklich aus, liegt es auf der Hand, dass der Kunde dieses Shoppingdesaster mit Ihrem Sortiment in Verbindung bringt. Optimal ist ein Licht, das dem natürlichen Tageslicht ähnelt. Auf diese Art rücken Sie Ihre Kunden ins „rechte Licht“, ohne ihnen dabei unnötig Honig um den Mund zu schmieren.
Hinzu kommt, dass die Umkleidekabine in Zeiten von Instagram und WhatsApp immer öfter als „Fotokabine“ herhalten muss, sei es, um die beste Freundin mal eben nach der Meinung zu fragen oder um ein „Beweis-Selfie“ der erfolgreichen Shoppingtour zu verschicken.
Sorgfältig darauf achten sollten Sie zudem, dass es sowohl für Stehende als auch für Sitzende keine Reflexionen im Spiegel gibt. Das lässt sich durch die Wahl der Leuchte und ihre Ausrichtung regeln. Welche Art von Leuchten Sie einsetzen, hängt vom Stil Ihres Ladens und vom Sortiment ab: Ein Dessousladen oder ein Geschäft für Bademoden setzen bestimmt andere Präferenzen als ein Laden für Kindermode.
Wie verändert sich die Anprobe aktuell?
Die Anprobe ist immer noch ein wichtiges Kriterium, ob ein Kunde stationär oder online kauft. Grundsätzlich gibt es beim Versandhandel ein Rückgaberecht. Dabei hat es sich eingebürgert, dass Kunden mehrere Größen oder Modelle bestellen und diejenigen, die nicht gefallen oder nicht passen, einfach zurückschicken. Das Anprobieren ist gestattet, auch das Öffnen der Verpackung; die Ware muss aber unbeschädigt bleiben, so dass sie als Neuware erneut verkauft werden kann. Doch gar nicht selten kommt es vor, dass Kunden die Ware vor der Rücksendung unerlaubt tragen. Um diesem Missbrauch vorzubeugen, versehen die Händler ihre Kleidung mit auffälligen Siegeln, die beim Tragen in der Öffentlichkeit unübersehbar sind. Wer diese entfernt, verliert sein Rückgaberecht.
Eine elegante Methode ist es, eine virtuelle Anprobe anzubieten: Dabei wird die ausgewählte Kleidung auf ein Foto des Kunden projiziert. Dadurch ist es leicht möglich, an sich beispielsweise ein T-Shirt in verschiedenen Farben zu testen. Ob das Kleidungsstück allerdings perfekt sitzt, lässt sich weniger so gut beurteilen.
Hingegen kann ein Kunde ein Kleidungsstück rundherum begutachten, wenn es in 3D an einem digitalen Modell präsentiert wird.
Noch einen Schritt weiter geht ein Ansatz, mit Bodycams einen individuellen Avatar vom Kunden zu erstellen. Dank künstlicher Intelligenz nimmt er die richtigen Maße an. Mit Augmented Reality kann der Kunde seine ausgewählten Kleidungstücke dann virtuell an seinem Avatar begutachten. Diese Art der Anprobe ist auch für den stationären Handel geeignet.
In einer interaktiven Umkleidekabine sind drei Wände mit großformatigen Anzeigeflächen ausgestattet, die durch Berührung bedient werden. Ein RFID-System im Hintergrund erkennt, welche Waren der Kunde mit in die Kabine genommen hat und erzeugt eine passende virtuelle Umgebung, die große Emotionalität hervorruft. Über die Touchpoints kann sich der Kunde Infos, Accessoires, Rezensionen, Alternativen und auch Meinungen anderer anzeigen lassen. Das System nutzt die Informationen aus dem Internet und den sozialen Medien. Es entsteht eine Win-win-Situation, mit Entscheidungshilfen für den Kunden und wertvollen Daten für Sie als Händler. Der Wert der Ware wird dabei generell höher eingeschätzt.
Fazit zum Thema Umkleiden im Einzelhandel
Virtuelle Anproben sind bei uns noch nicht die Regel, denn einerseits sind sie kostspielig, andererseits trauen sich viele Händler nicht, sie zu realisieren. Bislang nutzen die vorhandenen Möglichkeiten auch nur wenige Kunden. Denn auf der anderen Seite ist „Shoppen“ bei vielen Menschen nach wie vor eine beliebte Beschäftigung: Geschäfte durchstreifen, stöbern, anprobieren… Wenn das alles ohne Hektik, bequem und in angenehmer Umgebung geschieht, fühlen Kunden sich bei Ihnen wohl. Sie erinnern sich gern an Ihr Geschäft und kommen wieder. Umkleidekabinen können viel dazu beitragen, dass der Einkauf in Ihrem Geschäft zum Erlebnis wird.
Quellen:
washroomcubicles.co.uk/changing-cubicle-sizes/
newsv2.orf.at/stories/2233051/2232518/
ixtenso.de/technologie/digital-signage-interaktive-handelskonzepte.html
hindernisfreie-architektur.ch/fachinformationen/anprobekabine-bei-oeffentlich-zugaenglichen-bauten/