Mit diesen beiden Begrifflichkeiten aus dem Handel befasst sich dieser Ratgeber, der Ihnen zeigen möchte, wie Sie das Beste aus beiden für Ihren geschäftlichen Erfolg nutzen können.
Inhaltsverzeichnis
Online vs. Offline
Mit dem Siegeszug von Laptop und Smartphone änderte sich das Einkaufsverhalten. Ging man früher zum Einkaufen in einen Laden, so haben sich heute viele Bereiche der Customer Journey auf das Internet verlagert. Neben dem stationären Handel boomen die Onlineshops. Beide Shoppingmöglichkeiten weisen diverse Vorteile für die Kundschaft auf:
Handel vor Ort:
* direkter Produktvergleich
* Tast- oder Schmeckprobe, Anprobe, eventuell Selbsttest
* Direktverfügbarkeit
* Beratung und Nachfragen
* einfache Rückgabe
* Vertrauen in den lokalen Händler
* Erlebniseinkauf
Onlinehandel:
* 24-Stunden erreichbar
* keine Anfahrt
* anonyme Recherche
* große Vergleichsmenge
* Lieferung nach Hause
* mehrere Bezahlmöglichkeiten
* günstigerer Preis
* Bequemlichkeit
Die Kunden picken sich das jeweils für sie Angenehme aus beiden Handelstypen heraus. Daraus wurden dann die Begriffe Showrooming und Webrooming abgeleitet. Vereinfacht gesagt bedeutet
Showrooming: Information stationär – Kauf online
Webrooming: Information online – Kauf stationär
Beim Showrooming oder so genannten Beratungsklau dient der stationäre Laden im wahrsten Sinne des Wortes als Schauraum für das gewünschte Produkt. Dort kann der Interessierte es anschauen, in die Hand nehmen, vielleicht sogar testen und sich darüber hinaus bei einem Verkaufsmitarbeiter über Eigenschaften und Funktionen umfassend beraten lassen. Unentgeltlich.
Beim Webrooming oder Online-to-store oder ROPO („research online, purchase offline“) informiert sich der Interessierte ausgiebig im Internet über sein Wunschprodukt. Neben den ausführlichen Produktbeschreibungen der Hersteller und Händler nutzt er auch Testberichte, Vergleichsportale und Kundenbewertungen. Vielfach findet er über bezahlte Werbung die Seiten, die ihn interessieren.
Multichannel-Strategie signalisiert Flexibilität
Die Kunst für Sie als Händler liegt nun darin, beides miteinander zu verknüpfen, um das „Everywhere Commerce“-Verhalten der potenziellen Käufer für das eigenen Geschäft zu nutzen.
So kann im klassischen Geschäft ein zusätzlicher digitaler Service dem Kunden Preisvergleiche, andere Angebote oder Erweiterungen liefern, die er vom Webrooming gewohnt ist. Gang und gäbe sind digitale Displays, die über Aktuelles informieren oder nach Aufforderung Zusatzinformationen anzeigen. Ein POS-Terminal bietet Hintergrundinformationen und zusätzliche Angebote ganz ohne Verkäuferhilfe vor Ort. Es holt den Interessierten direkt in Ihrem Laden ab. Ein Konfigurator oder eine Ansicht in anderen Farben etwa über Augmented Reality kann eine Kaufentscheidung vielleicht vereinfachen.
Auch wenn nicht jeder zwangsläufig einen eigenen Onlineshop parallel zum stationären Geschäft hat, so ist doch meistens eine Website vorhanden. Dann lässt sich der strategische Ansatz nutzen, die Kunden auf verschiedenen Kommunikationskanälen anzusprechen und ihnen explizit verschiedene Vertriebswege anzubieten mit dem Hinweis „alles aus einer Hand“. So kann der Interessierte jederzeit und überall in einen Kaufprozess einsteigen – aber bei Ihnen! Beispielsweise kann ein unentschlossener Ladenkunde zuhause in Ruhe nochmals durch Ihren Onlineauftritt surfen, Kundenbewertungen lesen oder andere Modelle finden.
Als zusätzlicher Vertriebsweg können Sie einen der Online-Marktplätze nutzen, auf dem verschiedene Händler ihre Waren anbieten können. Die bekanntesten sind die Vollsortimenter Amazon und eBay. Außerdem gibt es branchenspezifische Plattformen, die die eigene Zielgruppe direkt ansprechen und bewerben, etwa chrono24.de, webauto.de, kleiderkreisel.de oder gartenxxl.de. Als Händler müssen Sie abwägen, wie wichtig Ihnen Reichweite, eigene Präsentation, Konkurrenzdruck, Verkaufsmodell, Provision und bürokratischer Aufwand sind, um den für Ihr Sortiment passenden digitalen Marktplatz zu finden.
Dienstleister StoreShip bietet eine Last-Mile-Lieferlösung: Einzelhändler können am selben Tag liefern über ein Abholnetz aus den Lagern der Hersteller bzw. von selbständigen, stationären Einzelhändlern.
atalanda ist ein Dienstleister, der lokale Online-Marktplätze in einigen deutschen Städten eingerichtet hat. Kunden kaufen über die Plattform in regionalen Geschäften ein und holen die Ware selbst ab oder lassen sie sich liefern.
Wenn Sie eine Plattform nutzen, können Sie außerdem beispielsweise einen Käufer über den Location-Based-Service auf weitere ergänzende Angebote in Ihrem lokalen Geschäft hinweisen. Und so genannten Warenkorbabbrechern können Sie ein Mail schicken, das sie ermuntert, den nicht gekauften Artikel doch live in Ihrem Geschäft anzuschauen, um sie so vom Kauf zu überzeugen.
Showrooming im eigenen stationären Laden
Der stationäre Handel ist keineswegs passé. Gerade das klassische Geschäft hat seine Qualitäten beträchtlich ausgebaut: Vielerorts wandelt sich der Laden zum Einkaufstempel; die Ware ist verkaufsfördernd in Szene gesetzt; der Kunde wird mit sinnlichen Eindrücken verlockt; gastronomische, kulturelle und informelle Events runden den Einkauf zum Erlebnis ab.
Einige erfolgreiche Onlineshops haben mittlerweile stationäre Angebote, etwa My Toys, Home24 oder Mister Spex. Auch große Plattformen wie Amazon, Zalando oder Notebooksbilliger.de haben inzwischen eigene Filialen.
Die Beweggründe für Onlinehändler, einen stationären Laden zu eröffnen, sind mannigfaltig: Eine Verkaufsstelle macht eine Marke sichtbar, steigert ihren Bekanntheitsgrad und erhöht ihre Glaubwürdigkeit. Fans der Marke möchten sie erleben. Die Kosten für die so genannte „letzte Meile“ fallen. Manche Geschäfte sind Abbilder des Onlineauftritts und ebenso übersichtlich strukturiert. Andere sind abgespeckte Musterräume, bieten aber ausführliche persönliche Beratung. Wieder andere ermöglichen im Laden das Sinneserlebnis, das im Internet fehlt. In gewisser Weise ist ein Laden auch ein Warenlager für den regionalen Markt, was mit Schnelligkeit gleichzusetzen ist. Ein Laden ist Anlaufstelle für die letzte Frage vor dem Kauf und für die Retoure. Vor allem aber bietet er die Möglichkeit, die Ware sinnlich zu erfassen. So ist beispielsweise bei Waren wie Bekleidung die Unsicherheit über Größen, Material oder Farbe oft ein Hindernis für eine Onlinebestellung. Ein Möbelstück wie ein Bett oder ein Sofa möchte man ausprobieren. Sinnliche Wahrnehmung und Haptik sind entscheidend für Kosmetikprodukte. Und schließlich ergeben sich Chancen für Impulskäufe vor allem bei Spezereien und Dekorativem. Wichtig ist es, nicht zu viele Läden, dafür aber in guter Lage, mit überschaubarer Fläche und einem ausgesuchten Sortiment zu wählen. Ideal ist es auch, Shop-in-Shop-Flächen zu mieten, wie der Elektronikversender Cyberport bei Galeria Kaufhof.
Wunschprodukt ist nur einen Klick entfernt
Bei manchen Waren ist es problemlos, sie online zu kaufen, zum Beispiel Video- und Computerspiele, Musik, Spielwaren, Tickets, Bücher – auch Wein. Es gibt dafür gute Produktbeschreibungen und Kundenbewertungen. Die Ware kommt bequem direkt ins Haus. Einfach ist es auch bei standardisierter Ware, wenn der Käufer die Kriterien kennt. So kann beispielsweise ein Landschaftsgärtner einen Baum im Internet kaufen, weil er Begrifflichkeiten wie „Solitär, 3xv, mit Ballen“ versteht. Ein Endkunde braucht einen Eindruck vom Baum, den er kaufen möchte, bestenfalls ein paar Vergleichspflanzen. Fotos, möglichst aus verschiedenen Blickwinkeln, sind hilfreich; besser noch sind Anwendungsbilder, die das gewünschte Produkt im Einsatz zeigen. Das kann eine Person sein, die ein Kleidungsstück angezogen hat, oder ein Möbelstück, das in einem Wohnzimmer steht, oder eine Verkaufsvitrine, die mit Backwaren bestückt ist. Menschen brauchen eine Vorstellung, die ihre Unsicherheiten ausräumt. Schwierig wird es immer, wenn es um Größen, Farben oder Materialbeschaffenheit geht. Das lässt sich mit Beschreibungen, Fotos oder Videos nur schwerlich vermitteln. Bei Küchenplatten, Fliesen, Teppichböden, Holzregalen etc. kann man sich Muster schicken lassen. Relativ neu ist es, digitale, farbverbindliche Muster zu versenden. Die Möglichkeit, Ware zurückschicken zu können, ist für Viele verlockend, den entscheidenden Kaufklick zu machen. Besonders retourenanfällig sind Bekleidung und Textilien. Aber auch Elektro- und Haushaltsgeräte, Sportartikel und IT-Hardware werden häufig zurückgeschickt, ebenso Möbel.
Webrooming im eigenen Onlineshop
Wer ein „Allerweltssortiment“ führt, das sich hauptsächlich über den Preis vergleichen lässt (Beispiel: Elektronik), braucht eine gute Website und guten Kundenservice, um den Geschäftsabschluss zu erzielen. Besser stehen Händler von Eigenmarken oder nur begrenzt verfügbaren Sortimenten da.
Trotzdem ist es nicht für jeden sinnvoll, einen eigenen Onlineshop ins Leben zu rufen. Vielleicht ist das Warenportfolio zu klein oder die Ware ist schlecht zu transportieren. Sperriges, Schweres, Pflanzen oder Lebendes haben da so ihre Tücken.
Einen eigenen Onlineshop anzulegen, so dass die Ware offline und online erhältlich ist, erfordert eine Menge Knowhow und eine Menge Arbeit. Entweder haben Sie die zeitlichen und fachlichen Kapazitäten in der Firma oder Sie investieren in eine Agentur, die sich um die Etablierung und Performance des Onlineshops kümmert. Mindestanforderungen sind
* ein gut funktionierendes Shopsystem
* regelmäßige Datenpflege
* verständliche Beschreibungen Ihrer Produkte
* übersichtliche Darstellung Ihrer Angebote
* transparente Bepreisung
* Zertifizierung als Trusted Shop
* gute Logistik
* schnelle Versandabteilung
* Ansprechpartner für Kunden
* ein Reklamationsmanagement
Als stationärer Händler ist der regionale Bezug für Sie wichtig. Die Einblendung Ihres Firmennamens erreichen Sie durch Einbindung von Google Maps und Google MyBusiness. Nun kann der Kunde selbst entscheiden, ob er sich für einen Kauf in Ihrem Onlineshop oder für einen Einkauf in Ihrem Laden entscheidet. Ein Pluspunkt für Sie: Mit einem Onlineshop erreichen Sie auch überregional potenzielle Kundschaft.
Click-and-Collect
In Ihren Onlineshop können Sie eine Click-and-Collect-Funktion einbauen: Sie ermöglicht Interessenten, sich zunächst online bei Ihnen umzuschauen und auch online zu kaufen. Abgeholt wird die Ware allerdings im Geschäft. Bezahlt wird entweder online bei der Bestellung oder offline bei der Abholung der Ware. Im Gegensatz zum Webrooming hat sich der Kunde bereits für das Produkt entschieden.
Die Vorteile für den Kunden:
* keine Versandkosten
* flexibel Abholung
* Fachberatung vor Ort
* Zusatzservice im Laden
* Testmöglichkeit
* kostenfreie Rückgabe
* Barzahlung möglich
Achten Sie darauf, mögliche Nachteile zu vermeiden:
* Ansprechpartner für Click-and-Collect im Laden
* Ware verfügbar
Showrooming und Webrooming – Chance für Ihr Ladengeschäft
Die Möglichkeiten, sich auf allen Kanälen zu präsentieren, sind groß, aber nicht für jeden ist ein Multichannel– oder gar Crosschannel-Vertrieb wirtschaftlich sinnvoll. Prüfen Sie genau, wo Ihre Zielgruppe unterwegs ist, ob bzw. welche Teile Ihres Sortiments sich für einen Online-Verkauf eignen, welche Manpower bzw. finanziellen Kapazitäten Sie einsetzen wollen und welche Plattformart für Sie passgerecht ist. Auch ein Teilbereich kann, wenn er durchdacht angelegt und gut gemacht ist, für Kundenbegeisterung sorgen.
Quellen:
onlinesolutionsgroup.de/blog/glossar/w/webrooming/
etailment.de/news/stories/Onliner-gehen-Offline-20900
marketing-boerse.de/fachartikel/details/1234-showrooming-ein-effekt-der-retailer-umdenken-laesst/37897
conversantmedia.eu/de/pressemeldungen/Showrooming
dmexco.com/de/stories/ropo-effekt-und-showrooming-in-einer-gemeinsamen-erfolgsformel-verknuepfen/
e-commerce-magazin.de/studie-webrooming-auf-dem-vormarsch/