Die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist in Deutschland und vielen anderen Ländern Europas ein sensibles Thema. Ökonomische Interessen und das Recht der Arbeitnehmer auf Freizeit stehen miteinander im Wettbewerb. Dieser Artikel erläutert, welche Regelungen in Deutschland für die Sonntagsarbeit gelten und beleuchtet deren geschichtliche Hintergründe.
Inhaltsverzeichnis
Die Sonntagsruhe ist ein historisches Gut
Die kulturelle Bedeutung des Sonntags reicht tief in die Geschichte Europas zurück, denn im Mittelalter galt dieser Tag als Feiertag. Er ist nach der christlichen Lehre der Wochentag, an dem Jesus Christus auferstand. Daraus entstand die Tradition, den Sonntag zum arbeitsfreien Tag zu machen, an dem die Bevölkerung in die Gotteshäuser einkehrte und sich von der kräftezehrenden Arbeit erholen konnte.
Die im 19. Jahrhundert einsetzende Industrialisierung veränderte die Arbeitswelt und den Stellenwert der Religion in der Lebenswirklichkeit. Die Wochenarbeitszeiten stiegen an, und immer mehr Menschen mussten auch an Sonn- und Feiertagen arbeiten.
Um die Gesundheit der Arbeitskräfte zu schützen, entschied sich die Regierung des Deutschen Reichs im Jahr 1891 dazu, das Gesetz über die Sonntagsarbeit zu verabschieden. Es handelte sich um die erste gesetzliche Definition eines arbeitsfreien Tages in der Geschichte des Landes.
Ausnahmen gelten bis heute für bestimmte Branchen und Berufe, die zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens und der Sicherheit erforderlich sind. Weiterhin existieren Ausnahmeregelungen für die Gastronomie, das Hotel- und Herbergsgewerbe, den Einzelhandel und diverse andere Wirtschaftszweige.
Maßgeblich für die Sonntagsarbeit: das Arbeitszeitgesetz
Die Bestimmungen zur Arbeit an Sonn- und Feiertagen finden Sie im Arbeitszeitgesetz (ArbZG). § 9 Absatz 1 ArbZG verbietet es Arbeitgebern grundsätzlich, Arbeitskräfte an Sonntagen sowie gesetzlichen Feiertagen zu beschäftigen. Das Arbeitszeitgesetz räumt zugleich umfangreiche Ausnahmen ein, die an bestimmte Branchen und Voraussetzungen gebunden sind.
Wollen Sie Ihre Arbeitskräfte an Sonntagen beschäftigen, benötigen Sie eine Genehmigung der Arbeitsschutzbehörde. In einigen Bundesländern wie NRW sind die Bezirksregierungen für die Erteilung der Erlaubnis zuständig.
Die Genehmigungspflicht gilt unabhängig davon, ob sich die Arbeitnehmer dazu bereit erklären, freiwillig an diesen Tagen zu arbeiten.
Unter welchen Voraussetzungen dürfen Sie Arbeitskräfte im Einzelhandel an Sonntagen beschäftigen?
Die Arbeitsschutzbehörde oder die Bezirksregierungen erlaubt die Arbeit an Sonn- und Feiertagen nur, wenn die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.
- 10 Absatz 1 ArbZG definiert Ausnahmeregelungen für Beschäftigte verschiedener Berufsgruppen.
Dazu zählen: - Mitarbeiter der Feuerwehren und Rettungsdienste
- Beschäftigte in Krankenhäusern
- Personen, die in Theatern und Rundfunkanstalten oder bei der Tagespresse beschäftigt sind
- Arbeitskräfte in Verkehrs-, Versorgungs- und Landwirtschaftsbetrieben oder im Sicherheitsgewerbe
- Mitarbeiter in der Gastronomie oder im Hotelgewerbe
Der Einzelhandel ist von diesen Ausnahmeregelungen erkennbar nicht erfasst.
Im Handelsgewerbe sind Ausnahmen zwar möglich, aber an besonders strenge Bedingungen geknüpft. Diese werden durch § 13 Absatz 3 ArbZG definiert:
Die Sonntagsarbeit an höchstens zehn Sonn- und Feiertagen jährlich erlaubt. Dies gilt nur, sofern aufgrund der Umstände ein erweiterter Geschäftsverkehr notwendig ist.
Des Weiteren ist bei besonderen Verhältnissen an maximal fünf weiteren Sonn- oder Feiertagen pro Jahr die Sonntagsarbeit erlaubt. Die geleistete Arbeit muss erforderlich sein, um einen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Schaden abzuwenden.
An einem Sonntag pro Kalenderjahr dürfen Arbeitnehmer Sonntagsarbeit leisten, um die per Gesetz vorgeschriebene Inventur durchzuführen.
Was bedeuten diese Ausnahmeregelungen für Arbeitgeber im Einzelhandel?
Die vom Gesetz geforderten Umstände, die die Arbeit an Sonn- und Feiertagen gestatten, ergeben sich üblicherweise aus den Rechtsverordnungen der einzelnen Bundesländer. Die Länder legen bestimmte Tage im Jahr fest, an denen die Sonntagsarbeit zulässig ist. Im Volksmund sind diese als verkaufsoffene Sonntage bekannt. Die exakten Bestimmungen variieren je nach Bundesland. Nähere Informationen erhalten Sie beispielsweise auf der Webseite Ihrer örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer.
In der Praxis zeigt sich, dass die Aufsichtsbehörden dazu tendieren, die Regelungen großzügig zugunsten der Einzelhändler auszulegen. Die Rechtsprechung zu der Thematik entwickelt sich dynamisch, da Arbeits- und Verwaltungsgerichte mehrmals jährlich darüber entscheiden müssen, ob bestimmte Ausnahmeregelungen gesetzlich zulässig sind.
Verstöße gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes können Bußgelder in Höhe von 15.000 Euro nach sich ziehen.
Wie beantragen Sie eine Ausnahmegenehmigung für die Sonntagsarbeit im Einzelhandel?
Die Anträge sind formlos an die Arbeitsschutzbehörde oder diejenige Bezirksregierung zu richten, in deren Zuständigkeitsbereich sich die Arbeitsstätte befindet, an der Sonntagsarbeit verrichtet werden soll.
Das Schreiben sollte mindestens die folgenden Angaben enthalten:
- die genaue Adresse der Arbeitsstätte
- die Art der Tätigkeit
- die geplante Dauer der Sonntagsarbeit (Beginn und Ende der Arbeitstätigkeit unter Angabe der Uhrzeiten)
- die Anzahl der betroffenen Arbeitskräfte
- eine Begründung der Notwendigkeit
Beachten Sie, dass die Sonntagsarbeit in Firmen mit einem Betriebsrat nur möglich ist, wenn dieser seine Zustimmung erteilt hat. Eine entsprechende Zustimmungserklärung der Arbeitnehmervertretung ist dem Antrag bei der Arbeitsschutzbehörde beizufügen.
Was gilt für die Lohnzahlungen bei der Sonntagsarbeit?
Häufig ist seitens der Arbeitnehmer zu hören, dass Sonntagsarbeit besonders lukrativ ist. Für Gründer, die sich im Einzelhandel selbstständig machen, stellt sich deshalb oft die Frage, ob sie ihren Arbeitskräften an Sonn- und Feiertagen mehr Lohn zahlen müssen.
Festzuhalten ist, dass die arbeitnehmerseitigen Vorteile der Sonntagsarbeit steuerrechtlicher Natur sind. Sie wird nur 50 % besteuert, Sonderregelungen gelten bei Stundenlöhnen von mehr als 25 Euro.
Die weiteren Bestimmungen über die Vergütung der Sonntagsarbeit hängen von der Ausgestaltung der Arbeitsverträge ab. Arbeitnehmer profitieren davon, dass an gesetzlichen Feiertagen Zuschläge von 125 % auf den üblichen Stundenlohn steuerfrei sind; an den Weihnachtsfeiertagen liegt die Grenze bei 150 %.
Sonntagsarbeit im Einzelhandel – das Wichtigste im Überblick
- Sonntagsarbeit ist grundsätzlich verboten, allerdings gelten für einige Branchen Ausnahmeregelungen.
- Die Arbeit an Sonn- und Feiertagen im Einzelhandel ist an strenge Bedingungen geknüpft und nur an wenigen Tagen pro Jahr möglich.
- Sollen Arbeitnehmer an Sonn- oder Feiertagen im Einzelhandel arbeiten, ist eine behördliche Genehmigung erforderlich.
- Gerichte urteilen im Streitfall über die Zulässigkeit von Ausnahmeregelungen für den Einzelhandel und entscheiden tendenziell arbeitgeberfreundlich.
- In Handelsunternehmen mit Betriebsrat ist die Zustimmung der Arbeitnehmervertretung einzuholen und gegenüber der Behörde in schriftlicher Form nachzuweisen.
Quellenangaben:
betriebsratsberater-berlin.de/beratung/arbeitszeit/rechte-der-arbeitnehmerinnen/arbeit-an-sonn-und-feiertagen/
generali.de/journal/sonn-und-feiertagsarbeit-was-ist-zulaessig-
haufe.de/personal/arbeitsrecht/sonntagsarbeit-wann-ist-sie-erlaubt_76_511718.html
komnet.nrw.de/_sitetools/dialog/529
lexware.de/wissen/mitarbeiter-gehalt/sonntags-feiertags-nachtarbeit-diese-regeln-gelten-bei-der-abrechnung-von-lohn-und-gehalt/
sueddeutsche.de/karriere/arbeit-ist-sonntagsarbeit-erlaubt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210528-99-778788
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