Der Beruf des Gestalters für visuelles Marketing/der Gestalterin für visuelles Marketing ist vielfältiger, als die landläufige Bezeichnung „Schaufensterdekorateur/-in“ es vermuten lässt. Die Tätigkeit von Gestalter/-innen für visuelles Marketing beschränkt sich nicht auf Schaufenster. Gestalter/-innen für visuelles Marketing werden für das weite Spektrum der Gestaltung von gewerblichen Präsentationsflächen und Räumen mit Publikumsverkehr gesucht. Ihr Wirkungsbereich umfasst neben Schaufenstern Verkaufsräume, Messestände, Event-Locations; er reicht bis zur Konzeption und Gestaltung von Internetauftritten.
Inhaltsverzeichnis
Die Evolution des visuellen Marketings
Die Aktualität des Berufsbildes lässt sich an der Entwicklung der Begrifflichkeiten ablesen. Die bis 1975 gültige Berufsbezeichnung „Schaufenstergestalter“ war begrifflich noch auf den klassischen Präsenzhandel ausgerichtet.
In den wirtschaftlich turbulenten 1970er-Jahren mit ihrer Welle von Umstrukturierungen im bundesdeutschen Versandhandel entstand das Berufsbild des „Schauwerbegestalters“. Zum klassischen Wirkungskreis im Präsenzhandel kamen Tätigkeitsfelder innerhalb der ganzen Bandbreite visueller Werbung hinzu.
Mit der Verordnung von 12.05.2004 [1,2] wurde begrifflich der Wirkungskreis in der Werbung auf das Marketing und auf neue Medien erweitert. Auf den Versuch, „Marketing“ abschließend zu definieren, soll heute verzichtet werden. Es genügt, die Punkte „Kundenorientierte Kommunikation“ (§ 4 Punkt 2.2) „IT-Anwendungen“ (§ 4 Punkt 5) und „Steuerung von Projekten visuellen Marketings“ (§ 4 Punkt 7) in Referenz [2] zu betrachten. Der Neuerungswille der Gesetzgebenden und die Anforderungen der beratenden Wirtschaftsverbände gehen daraus klar hervor.
Gestalter/-in für visuelles Marketing – Das Bild eines modernen Berufes
Die offizielle Definition des Berufsbildes in Referenz [2] und die Kurzzusammenfassung der Bundesagentur für Arbeit in Referenz [3] sollen heute nicht ersetzt respektive wiederholt werden, sondern es gilt, sie auf den realwirtschaftlichen Kern abzubilden.
Die funktionale Seite: Was sind die Anforderungen an visuelles Marketing?
Visuelles Marketing von Realgütern erfordert handelsseitig die Präsentation von Waren, herstellerseitig die Präsentation von Produkten. Das Angebot von Dienstleistern muss visuell erlebbar gemacht werden. Alle wirtschaftlich Tätigen bedürfen einer Darstellung ihres Unternehmens, ihrer Corporate Identity und ihrer Mission. Aus diesen Überlegungen ergibt sich die inhaltliche Bandbreite der Tätigkeit der Gestalter/-innen für visuelles Marketing.
Die methodische Seite: Welche Mittel und welche Kanäle nutzt visuelles Marketing?
Der Präsenzhandel hat nach wie vor Bedarf an professioneller Gestaltung seiner Auslagen und Verkaufsräume. Die Größe der Gewerbeflächen in Einkaufszentren macht es manifest, dass visuelle Erscheinung der Unternehmensfilialen und Angebotspräsentation hohen wirtschaftlichen Stellenwert haben.
Die Aufgabe der Gestalter/-innen für visuelles Marketing im Präsenzhandel besteht darin, Angebot und Unternehmen auf der Gewerbefläche zu inszenieren. Durch ihre gestalterische Leistung für das Unternehmen sollen sie vertrieblichen Mehrwert schaffen.
Neben dem Auftritt im regulären Geschäftsbetrieb nutzen Unternehmen Events und Promotionaktionen, um Privatkunden und B2B-Partner für sich zu gewinnen. Für diese Marketing-Maßnahmen gilt es, visuelle Konzepte zu entwickeln, die Umsetzung zu planen und gestalterisch sowie in der Umsetzung zu begleiten.
Ein Kernpunkt der Unterscheidung zwischen Werbung im Speziellen und Marketing ist die Einbeziehung von Öffentlichkeitsarbeit. Öffentlichkeitsarbeit braucht durchgängige visuelle Konzepte. Gestalter/-innen für visuelles Marketing sind aufgrund ihrer Ausbildung auf solche konzeptionellen Tätigkeiten vorbereitet.
Zu auf physischen Kundenumgang ausgerichteten Marketingkanälen kommt der Themenkreis digitaler visueller Kommunikation. Sind vorstehend genannte konzeptionelle Tätigkeiten ohne DV-Unterstützung heute nicht möglich, ist die visuelle Konzeption von Internetauftritten eine manifest digitale Tätigkeit.
Angehende Gestalter/innen für visuelles Marketing tun gut daran, sich frühzeitig mit Grafik-, Layout- und Bildbearbeitungsprogrammen vertraut zu machen. Jene werden sie auf ihrem Berufsweg begleiten.
Gestalter/-in für visuelles Marketing – Eine vielseitige Ausbildung
Voraussetzungen
Aus Referenz [3] kann man entnehmen, dass die Ausbildung drei Jahre dauert. Spezifische gesetzliche Anforderungen an die Vorbildung der Bewerber/-innen existieren nicht, 63 % der angenommenen Bewerber/innen haben Hochschulreife.
Dies ist aufgrund des Anforderungskatalogs nicht verwunderlich. Gutes Deutsch ist die Voraussetzung, um effizient kommunizieren zu können. Marketing beinhaltet denknotwendig die Anwendung effektiver Kommunikation auf wirtschaftliche Problemkreise.
Die deutsche Wirtschaft ist eine Exportwirtschaft. Englisch ist Lingua franca auf dem internationalen Parkett und unabdingbar zum Verständnis von Bauanleitungen und komplexen Softwaresystemen aus den Bereichen CAD und DTP.
Trotz ihres gegenteiligen Leumunds ist Mathematik die Grundlage für alle praktisch-gestalterischen Tätigkeiten. Bemaßung, Erstellung von Einrichtungsplänen und kaufmännische Kostenkontrolle erfordern solide Mathematikkenntnisse. CAD und DTP erfordern Kenntnisse in analytischer Geometrie und linearer Algebra.
Handwerkliches und zeichnerisches Geschick sowie Kunstverständnis fallen klassischerweise in die Kernkompetenz der an visueller Gestaltung Interessierten.
Drei Lehrjahre
Die Ausbildung zum/zur Gestalter/-in für visuelles Marketing ist eine sogenannte duale Ausbildung, bestehend aus Einsatz im Ausbildungsbetrieb und Unterricht in der Berufsschule. Zu den aktuellen Richtlinien für duale Ausbildungsberufe gibt es eine Übersicht der IHK Hamburg (Referenz [4])
Der Rahmenlehrplan der Kultusministerkonferenz [5] beschreibt den schulischen Teil der Ausbildung wie folgt:
- Im ersten Ausbildungsjahr geht es um Arbeitsabläufe und Gestaltung fundamentaler Elemente („Flächen“, „Objekte“, „Räume“).
- Medien und Werbung stehen im Mittelpunkt des zweiten Ausbildungsjahres.
- Während des dritten und abschließenden Ausbildungsjahres geht es um fortgeschrittene Themen wie die Entwicklung „umfassender Konzepte des visuellen Marketings“ und um Multimedia.
Lebensunterhalt während der Ausbildung
Die Bundesagentur für Arbeit gibt per 01.04.2022 in Referenz [3] beispielhaft monatliche Ausbildungsvergütungen zwischen 785 und 960 Euro im ersten Jahr und 965 – 1180 Euro im dritten Jahr an. Die Werte sind nicht bundeseinheitlich festgelegt.
Quellenangaben:
[1] bibb.de/dienst/berufesuche/de/index_berufesuche.php/regulation/gestalter_fuer_visuelles_marketing.pdf [2] gesetze-im-internet.de/marketgestausbv/MarketGestAusbV.pdf [3] berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/bkb/27542.pdf [4] ihk.de/hamburg/produktmarken/ausbildung-weiterbildung/ausbildung/einfuehrung-der-modernisierten-standardberufsbildpositionen-5261264 [5] kmk.org/fileadmin/pdf/Bildung/BeruflicheBildung/rlp/GestaltervisuellesMarketing.pdfBeitragsbild:
© AdobeStock / v74