Selbst bei bestmöglicher Kundenorientierung kommt es immer mal wieder zu Warenrücksendungen. Eine Rücksendemöglichkeit ist im Versandhandel ein Recht des Kunden. Durch ein gutes Retourenmanagement können Sie dafür sorgen, dass Ihre Kunden zufriedengestellt werden, und gleichzeitig Ansatzpunkte finden, das Aufkommen von Warenrücksendungen zu vermindern.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Retourenmanagement?
Eine „Retoure“ ist eine Rücksendung. Der Begriff ist im Versandhandel üblich für Ware, die der Verbraucher an den Verkäufer zurückschickt. Laut Fernabsatzgesetz hat der Kunde ein Widerrufsrecht von 14 Tagen. Das Retourenmanagement regelt den internen Ablauf, wie der Händler mit einer Warenrücksendung umgeht. Ziel ist es,
- das Vertrauen der Kunden zu gewinnen,
- dadurch eine solide Kundenbindung aufzubauen;
- den Arbeitsaufwand für die Retouren in Grenzen zu halten,
- dadurch die Kosten gering zu halten;
- die Anzahl der Retouren zu verringern.
Welche Kosten entstehen bei einer Retoure?
In der Regel trägt der Kunde die Kosten für die Warenrücksendung. Voraussetzung dafür ist, dass er über die AGB von dieser Pflicht unterrichtet war. Allerdings kann auch der Händler die Versandkosten übernehmen. Dagegen darf er erst seit Juni 2014 und erst ab einem Warenwert von über 40 Euro eine Retourengebühr erheben. Auf den Händler entfällt daher die Hauptlast der Kosten:
- Versandkosten zum Hersteller -> wenn der Verkäufer Zwischenhändler ist
- oder Kosten für die Einlagerung;
- Wertersatz für den Kunden
- gegebenenfalls Instandsetzung der Ware
- eventueller Wertverlust bei Zweitvermarktung
- Lohnkosten für die Bearbeitung der Retoure
- erhöhte Kosten für Lagerkapazitäten
Welchen Aufwand macht eine Retoure?
Zurückgesendete Ware durchläuft beim Verkäufer einen Prozess, um sie wieder in den Handel einzugliedern oder zu entsorgen. Der Ablauf umfasst folgende Schritte:
- Annahme der Retoure
- Identifikation der Artikel und Zuordnung zur Lieferung
- Sichtung und Qualitätskontrolle: Ist der Artikel unbenutzt und unbeschädigt?
- gegebenenfalls Instandsetzung der Ware
- unter Umständen wird eine neue Verpackung benötigt
- erneutes Einpflegen der Ware in den Bestand
- Kommunikation mit dem Kunden
- Erstellen einer Gutschrift (inkl. Rabatte oder Codes) für den Kunden
Aus welchen Gründen werden Waren zurückgeschickt?
Die Ursachen für eine Retoure sind ganz unterschiedlich. Ein Grund muss nicht angegeben werden, ist aber für den Händler hilfreich, um sein Angebot zu optimieren. Weil große Internetplattformen Retouren mühelos ermöglichen und kostenlose Retouren ein Wettbewerbsvorteil sind, neigen Kunden dazu,
- sorglos zu bestellen
- sich zum Kauf verleiten zu lassen („Kaufreue“)
- Auswahlkäufe zu machen
- einzukaufen, ohne sich zuvor ausreichend über Funktionen, Beschaffenheit oder Nutzung eines Produktes informiert zu haben
Weitere Gründe, ein Produkt zurückzuschicken, sind:
- das Produkt passt nicht
- das Produkt hat Sach- oder Qualitätsmängel
- das gelieferte Produkt ist nicht das bestellte
- die Lieferung erfolgte zu spät, aus Dringlichkeit wurde schon Ersatz beschafft
- das Produkt gefällt nicht
- die Ware entspricht nicht den Erwartungen
- das Produkt ist nicht kompatibel zu vorhandenen
- es war nur ein Kauf zum Testen
Was kann der Einzelhändler tun, um seine Retouren zu senken?
Weil die Möglichkeit, Ware zurückzusenden, von Kunden mittlerweile als Grundservice angesehen wird, ist es für den Händler sinnvoll, seinen Kunden eine Retoure so einfach wie möglich zu machen. Allerdings kann er schon im Vorfeld versuchen, seine Produkte möglichst umfassend vorzustellen. Aus den Fragen im Beratungsgespräch und den Gründen für Retouren, insbesondere aus konkreten Mängelbeschreibungen, kann er wertvolle Schlüsse ziehen, was er verbessern könnte. So kann der Händler vorsorgen durch:
- verständliche und möglichst genaue Produktbeschreibungen
- detaillierte Maßangaben (Größe und Gewicht)
- genormte Farbangaben
- aussagekräftiges Bildmaterial
- eventuell Einsatz modernster Technik wie KI oder Augmented Reality, damit der Kunde sich das Produkt besser vorstellen kann
- Fitting-Fragen bzw. Konfiguratoren
- gute Bedienungsanleitung
- Videoanleitungen zu Aufbau und/oder Einsatz
- Angaben über Befestigungsmöglichkeiten
- Aussagen zur Kompatibilität oder Erweiterungsfähigkeit
- mögliches Zubehör
- Musterversand
- persönliche Beratung per Mail, Telefon, Videochat
- Hotline für schnelle Rückfragen
- FAQ und Ratgeber-Texte zum Thema
- Testberichte
- Veröffentlichung von Kundenmeinungen und -bewertungen
- Forum zum Austausch
Und der Händler kann außerdem noch
- Produkt vor dem Versand überprüfen
- für solide und warengerechte Verpackung sorgen
- keine Lieferversprechen geben, die nicht einzuhalten sind
- sorgfältig prüfen, ob Bestellung und Auslieferung übereinstimmen
Oft verzichten Kunden auf eine Rücksendung, wenn der Händler für einen Mangel einen Rabatt oder eine Gutschrift für den nächsten Einkauf oder sogar eine vollständige Kostenrückerstattung ohne Warenrücksendung anbietet. Ist bei der Lieferung kein Retourenlabel dabei (beigelegt oder ausdruckbar), hofft der Händler, dass ein unzufriedener Kunde zunächst Kontakt aufnimmt, bevor er die beanstandete Ware einfach so zurückschickt. Laut Statistik wird weniger zurückgeschickt, wenn der Kunde Vorkasse geleistet hat. Bei „Kauf auf „Rechnung“ ist die Rücksendung deshalb so einfach, weil noch keine Zahlung getätigt wurde. Bei wiederholter Beanstandung desselben Artikels ist es eine Überlegung wert, dieses Produkt aus dem Programm zu nehmen und durch ein anderes Produkt zu ersetzen.
Was macht der Einzelhändler mit zurückgeschickter Ware?
Ist die zurückgeschickte Ware einwandfrei, kann sie erneut in den Verkauf kommen. Vor allem wenn sie unversehrt und unbenutzt zurückkommt, ist das problemlos. Ware mit Fabrikationsfehlern lässt sich kaum rentabel reparieren und sollte an den Hersteller zurückgehen. Für hochwertige Ware mit leichten Mängeln sind Reparaturkosten mit Blick auf den Wiederverkaufswert aber durchaus rentabel. Das ist meistens nicht Sache des Einzelhändlers, sondern in der Geschäftsabsprache zwischen Hersteller und Versandhändler zum Umgang mit Retouren geregelt. Manchmal ist die Retourenbearbeitung mit externen Partnern kostengünstiger. So können die Händler für die Überprüfung und Rücknahme von Retourenware so genannte Grading-Partner engagieren. Dabei steht „Grading“ für die Bewertung der Ware hinsichtlich Verpackung und Zustand. Solche Unternehmen reparieren und säubern zurückgeschickte Artikel, verpacken sie neu und verkaufen sie als B-Ware weiter. Sie sind meist spezialisiert.
Fazit zum Thema Retourenmanagement im Einzelhandel
Retourenmanagement ist im Einzelhandel so wichtig wie der Einkauf, das Angebot und der Verkauf von Waren. Ziel dieses Teils der Prozesssteuerung ist hohe Kundenzufriedenheit, langfristige Kundenbindung und Reduzierung der Kosten durch Wertverlust. Je nach Sortiment und Einzelfall kann sich für den Umgang mit Retouren die Zusammenarbeit mit Grading-Partnern lohnen, also externen Dienstleistern für die Aufbereitung und Weiterverwertung retournierter Waren.
Quellenangaben:
umweltbundesamt.de/retourenmanagement-im-onlinehandel
kompetenzzentrumhandel.de/retourenmanagement-umwelt/
e-commerce-magazin.de/retourenmanagement-10-kriterien-fuer-die-richtige-wahl-von-dienstleistern/
medewo.com/blog/de/loesungen/retourenmanagement-optimieren-kosten-sparen/#Retourenmanagement
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