Handelsmarken, die oft auch als Haus- oder Eigenmarken bezeichnet werden, lassen sich in vielen Handelsunternehmen und -organisationen sowie in nahezu jedem Discounter oder Supermarkt finden. Sehr oft sind es Replikate bekannter Originale. Was für Handelsmarken spricht und was dagegen – das wird in diesem Beitrag erörtert.
Inhaltsverzeichnis
Warum gibt es Handelsmarken?
Handelsmarken finden sich in allen Sortimentsbereichen. Bekannt sind beispielsweise Gut & Günstig, Milsani, Balea, Global, Lux, Piardino oder Best Nature. Sie stehen für Produktgruppen und reichen von Lebensmitteln – wie Geflügelprodukte oder Molkereiartikel – über Sortimente zur Körperpflege bis zu Möbeln, Werkzeugen, Pflanzen oder Tierfutter usw. Mit Handelsmarken möchte der Händler
- aus der Vergleichbarkeit kommen
- seine Preise stabil halten
- sich vom Wettbewerber abgrenzen
- vom Alleinverkaufsrecht profitieren
- sich als Anbieter profilieren
- die Markensehnsucht seiner Kunden erfüllen
- den Wiedererkennungswert zu nutzen
- Vorteile aus einer Mitgliedschaft in einem Einkaufsverband ziehen
- seine Rendite verbessern
- seine Position bei Verhandlungen mit Herstellern oder Lieferanten stärken
- nicht auf einen Hersteller oder Lieferanten für seine Hausmarke festgelegt sein
Gute Qualität bei Handelsmarken
Hersteller für Markenprodukte sind sehr häufig auch Hersteller der entsprechenden Handelsmarke. Sie fertigen sie im Auftrag gemäß Vorgaben und Budget. Während dem Hersteller sein Markenprodukt gehört, verfügt der Auftraggeber frei über seine Handelsmarke. Qualitativ stehen Handelsmarken den Markenprodukten in der Regel in nichts nach. Lediglich die Rezepturen oder die Inhaltsstoffe werden etwas verändert. Bei den Lebensmitteln schmecken die Hausmarken in der Regel anders als die Markenartikel, aber nicht schlechter. Gute Qualitäten sind auch dadurch sichergestellt, dass in Deutschland sehr hohe Lebensmittelstandards vorherrschen, die regelmäßig überprüft werden. Bei Molkereiprodukten, in der Getränkeabfüllung, aber auch bei Non-Food-Artikeln läuft die Produktion beim Hersteller häufig nacheinander: erst Markenartikel, dann Handelsmarken, dann Lizenzprodukte.
Regelmäßig führen Meinungsforschungsinstitute Umfragen zu Handelsmarken durch. Danach sind die meisten Verbraucher davon überzeugt, dass Handelsmarken qualitativ mit den Markenprodukten mithalten können. Nur wenige Käufer glauben, dass Markenprodukte eine deutlich bessere Qualität aufweisen. Die jüngste Untersuchung der Deutschen Gesellschaft für Verbraucherstudien zeigt beispielsweise, dass die Kunden mit den Eigenmarken der Baumärkte sehr zufrieden sind: In den Kriterien Qualität, Preis-Leistung und Kundenvertrauen erzielten deren Hausmarken beste Ergebnisse.
Marken mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis
Der größte Vorteil der Handelsmarken für den Kunden ist, dass sie im Vergleich zu den meisten Markenprodukten für ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis stehen. Beim Kauf der Eigenmarkenprodukte können die Verbraucher einiges an Geld sparen. Der günstigere Preis kommt einerseits dadurch zustande, dass die Händler die Preise ihrer Hausmarken selbst festlegen können. Sie entscheiden, welcher Artikel wie viel kosten darf und wie viel Marge er bringt. Der günstigere Preis lässt sich andererseits auch dadurch gewährleisten, dass für die Eigenmarken kaum oder gar nicht geworben wird. Das eingesparte Geld im Marketing muss daher nicht von den Käufern zurückgeholt werden. Ein drittes Argument ist, dass ein Eigenmarkenprodukt als Replik eines Markenartikels keine Entwicklungskosten erwirtschaften muss.
Handelsmarken fehlt oft die Emotionalität
Handelsmarken besitzen aber auch Nachteile. So fehlt ihnen im Vergleich zu den Markenprodukten der gleiche Grad an Emotionalität. Die stark und emotional beworbenen Markenprodukte sind den Verbrauchern bekannt. Sie haben eine Beziehung zu ihnen und die Produkte werden daher auch gern gekauft. Obwohl auch Handelsmarken Namen haben, werden sie von den Kunden vielfach immer noch als so genannte Nonames betrachtet und erfahren dadurch eine Abwertung gegenüber den etablierten Markenprodukten.
Viele Handelsmarken präsentieren sich in ihrer Aufmachung deutlich unauffälliger. Auch dies senkt den emotionalen Wert. Zwar schauen Kunden beim Einkauf häufig nach dem Preis, aber mindestens genauso oft auch nach der optischen Aufbereitung, insbesondere bei einer Angebotsflut ähnlicher Produkte. Innerhalb von wenigen Sekunden und ganz intuitiv entscheiden sich die Menschen, ob ihnen eine Sache gefällt oder nicht. Bei vielen Lebensmitteln ist der niedrigere Preis der Handelsmarke gekoppelt mit einer minimalistischen Gestaltung der Verpackung. Das spricht die Schnäppchensucher an und diejenigen, die sich Marken bewusst verweigern wollen.
Aber die Verpackung der Hausmarke kann beim Verbraucher auch einen billigeren beziehungsweise minderwertigeren Eindruck erwecken als die Markenartikel. Vor allem spontane – am sogenannten Point of Sale – getroffene Entscheidungen fallen daher zumeist für das Markenprodukt und gegen den vergleichbaren Handelsmarkenartikel aus.
Positiv ist anzumerken, dass viele Händler ihre Hausmarken inzwischen auch gestalterisch aufgewertet haben und so ihre Verkaufschancen erhöhen.
Außerdem sind neue Marken rund um Bio, Fairtrade oder Edeldesign hinzugekommen, die an das Gewissen der Verbraucher appellieren und die ein ausgeklügeltes Verpackungsdesign haben.
Vor- und Nachteile von Handelsmarken auf einen Blick |
||
Handelsmarke | Markenprodukt | |
Preis-Leistungs-Verhältnis | + | – |
Qualität | = | = |
Bekanntheit | – | + |
Emotionalität | – | + |
Verpackungsdesign | – | + |
Anteil der Handelsmarken im Lebensmitteleinzelhandel
Laut dem Statistikportal Statista lag der Anteil der Handelsmarken im deutschen Lebensmitteleinzelhandel 2021 beim Gesamtumsatz bei 38,5 Prozent und hält damit ein konstant hohes Niveau. Mit einem Marktanteil von um die 40 Prozent bei den Hausmarken liegt Deutschland auch im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarstaaten mit vorn.
Vor allem Discounter haben einen überdurchschnittlich hohen Eigenmarkenanteil. Besonders beliebt sind Hausmarken bei den Papierwaren (WC-Papier, Küchenrollen, Windeln), bei denen sie auf einen Anteil von mehr als 70 Prozent kommen. Auf den Plätzen zwei und drei rangieren Konserven (um die 60 Prozent) und Molkereiprodukte (um die 50 Prozent).
Wachsend ist auch der Anteil an Handelsmarken bei den Körperpflegeprodukten: Über alle Branchenkanäle sind es laut Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Iri in Europa rund 37 Prozent.
Interessant ist zudem, wie unterschiedlich das Thema Eigenmarke gehandhabt wird: Bei den Baumärkten beispielsweise, haben einige Handelshäuser nur wenige Hausmarken, dafür aber mit Produkten aus fast allen Segmenten. Andere hingegen führen quasi für jede Produktgruppe eine eigene Marke.
Quellenangaben:
marketing-boerse.de/news/details/eigenmarke-oder-handelsmarke-wer-profitiert-mit-seiner-markenfuehrung-am-point-of-sale/2137
praxistipps.focus.de/lidl-diese-eigenmarken-stecken-hinter-dem-discounter_95727
t-online.de/leben/essen-und-trinken/id_21087702/eigenmarken-von-lidl-edeka-co-diese-marken-stecken-dahinter.html
de.statista.com/statistik/daten/studie/184142/umfrage/umsatzanteil-von-handelsmarken-im-deutschen-einzelhandel/#:~:text=Im%20Jahr%202021%20belief%20sich,auf%20einem%20konstanten%20Niveau%20geblieben.
marketinginstitut.biz/blog/handelsmarken/
onma.de(/onmine-marketing-lexikon/klassische-handelsmarke
dtgv.de/awards/deutschlands-beste-marken-2022-kundenzufriedenheit-von-baumarkt-eigenmarken/
welt.de/wirtschaft/article132722025/Warum-Aldi-Creme-vom-Schraubenkonzern-verkauft.html
designmadeingermany.de/2011/2899/
Beschaffungsmarketing, Norbert A. Harlander, Frank Blom, expert verlag
Beitragsbild:
© AdobeStock / MQ-Illustrations