Ein eigenes Unternehmen zu gründen, Arbeitszeiten und Tätigkeiten selbst zu bestimmen und dabei ein Produkt zu vertreiben, für das sie gern mit ihrem Namen einstehen, das wünscht sich in jedem Jahr eine große Zahl an GründerInnen: Über 580.000 Menschen haben sich 2021 in Deutschland neu selbstständig gemeldet, 22 Prozent der Neugründungen waren Betriebe, die mit einer Unternehmensform über ein Kleinunternehmen in den Markt einstiegen. Viele dieser neuen Firmen waren Franchisenehmer, die sich mit eigenen Filialen bekannter Marken und Ketten selbständig gemacht haben. Wie sieht ein modernes Franchise aus und für wen lohnt es sich?
Inhaltsverzeichnis
Das sind die aktuellen Top Franchises
Mehr als 130.000 Filialen weltweit verzeichneten 2018 die fünf größten Fastfood Franchises insgesamt. Ihre Marken sind in jedem Land der Welt bekannt und vielerorts bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt. Die größten Fastfood-Franchise-Ketten der Welt heißen McDonald’s, Subway, KFC, Pizza Hut und Burger King. Doch damit belegen sie nicht Platz 1 im Franchise-Ranking. Dieser Ruhm gebührt seit vielen Jahren der Supermarktkette 7-Eleven, die in Deutschland keine Rolle spielt, aber in den USA in jeder Kleinstadt zu finden ist. Über 60.000-mal seit Gründung im Jahr 1927 haben Unternehmerinnen und Unternehmer die Chance ergriffen, von dem guten Namen zu profitieren und ihre Karrieren mit 7-Eleven aufgebaut.
Der Franchise-Markt ist heute deutlich breiter aufgestellt als noch vor 50 Jahren und hat auch jede Art von Dienstleistung erreicht. Filialen von Unternehmen wie dem Weiterbildungsanbieter KUMON, dem Duft- und Kosmetikanbieter The Body Shop oder der niederländischen Supermarktkette Spar werden kaum noch als Franchise wahrgenommen. Wer bei Europcar ein Auto mietet oder im Best Western Hotel absteigt, glaubt an eine vereinheitlichte Kette, bei der guter Service garantiert ist. Tatsächlich werden die Filialen und Häuser von UnternehmerInnen betrieben, die dadurch einfacher gründen können und von der Marke mit Know-How, Ausstattung, Einrichtung und Marketing unterstützt werden.
Bekannte Marke statt eigenem Label
Eines der wichtigsten Argumente für die Gründung über ein Franchise-System ist die Bekanntheit der Marken, die dieses Konzept anbieten. Wer in Deutschland eine Papa John’s Pizza oder Domino’s Filiale eröffnet, profitiert direkt vom guten Ruf der Kette. Sie stehen für amerikanische Pizza mit luftigem Rand und ausgefallenen Belägen, schnelle Lieferung und lange Öffnungszeiten. Die neue Filiale eines Supermarktes, Restaurants oder Dienstleisters erhält also einen Vertrauensbonus, der über rund 100 Jahre aufgebaut wurde. Ganz gleich in welcher Stadt KundInnen aufgewachsen sind, in welchem Land sie zuvor gelebt haben, wissen sie, was sie bei Dunkin‘ Donuts oder Burger King erwartet. Wer in Deutschland eine Rewe-Filiale eröffnet, erhält automatisch Zulauf von KundInnen, die schon in vielen Rewe-Filialen eingekauft haben und Grundsortiment und Layout kennen. Markenfarbe und Logo sind mit Einkaufserlebnissen verknüpft, einheitliche Einpacktische, Kassen, Arbeitskleidung und vieles mehr vermitteln Grundvertrauen. Wer bei einer Filiale der Einzelhandelskette gute Erfahrungen gemacht hat, vertraut auch einem fremden Markt.
Franchisegeber wissen um diesen Vorteil, und sie lassen sich die Arbeit mit dem eigenen guten Namen bezahlen. Je nach Art des Franchises zahlen GründerInnen einen mehr oder weniger hohen Betrag, um eine erste Lizenz zu erwerben, ihren Standort für die Eröffnung einer Filiale zu registrieren und Einrichtung und Erstinventar zu erwerben. Sie binden sich nicht nur an vereinheitlichte Regelungen rund um MitarbeiterInnenrechte, Bezahlung, Struktur und Sortiment, häufig ist auch die Ladengestaltung bereits vorgegeben. Das spart Zeit. Statt Erfahrung selbst zu sammeln durch immer wieder neu angeordnete Einkaufswege oder Checkout-Prozesse, um dadurch Einnahmen zu optimieren, übernehmen GründerInnen von Anfang an ein bewährtes System, das ihnen in Handbüchern und Schulungen erklärt und teils durch Franchise-Partner vor Ort aufgebaut und eingerichtet wird.
Eigenes Sortiment aufbauen oder erfahrene Netzwerke nutzen?
Viele GründerInnen haben mit der Eröffnung eines eigenen Geschäftes im Sinn, schnell und einfach Karriere zu machen und Teams zu leiten. Wer beispielsweise Mode liebt, kann in Deutschland eine Aust Fashion Filiale eröffnen oder Lizenzen von s.Oliver sowie Tom Tailor erwerben. Die Marken bieten zwar ein saisonal wechselndes Angebot, das KundInnen bekannte Markenkleidung zu guter Qualität verspricht, doch LieblingsdesignerInnen finden im Franchise-Geschäft keinen Platz. Stattdessen gibt der Franchisegeber vor, welche Kleidung in der jeweiligen Saison angeboten werden soll. Nur wer sich auf ein eigenes Sortiment konzentriert, kann regionalen Schneider-Talenten eine Chance geben. Dann lassen sich persönliche Interessen berücksichtigen und ein eigener Kundenstamm aufbauen.
Doch während es in der Modewelt oft für GeschäftsinhaberInnen darum geht, welchen Stil sie ihren KundInnen wirklich verkaufen möchten und der Laden von guter Beratung und freundlichem Service lebt, ist beispielsweise im Elektronikhandel, Baumarkt oder in der Tierhandlung große Vielfalt gefragt. KundInnen haben die direkte Wahl zwischen riesigen Online-Distributoren wie Amazon und kleinen Fachgeschäften, die oft idealerweise durch die Möglichkeit, die Produkte vor Ort anzufassen, auszuprobieren und miteinander zu vergleichen den Wettkampf gewinnen. Der Franchisegeber hilft durch Verträge mit hunderten Firmen und Herstellern, diese Vielfalt zu gewährleisten. Ein vergleichbares Netzwerk lässt sich bei der eigenständigen Neugründung oft nur zu schlechteren Konditionen aufbauen, die dann zu höheren Preisen führen. Wer einen Fernseher 400 Euro günstiger online als offline kauft oder bei Amazon statt im neu gegründeten Onlineshop bestellen kann, verzichtet auf die persönliche Einkaufsberatung.
Vor- und Nachteile für Franchisenehmer
Die Vorteile bei der Gründung mit Unterstützung einer erfahrenen Marke liegen auf der Hand. Der Aufbau von Geschäftsstrukturen und Know-How und die physische Einrichtung von Geschäften im neu angemieteten Ladenbereich gehen schneller von der Hand. Vertrauen von KundInnen in die Marke muss nicht erst erarbeitet werden und das bestehende Employer Branding begünstigt Bewerbungen von Fachkräften und Aushilfen. Die Filiale kann in wenigen Wochen nach Lizenzerwerb und Schulung öffnen und erhält Sortiment, Regale, Kassenbereiche und vieles mehr mit Logos und in Markenfarben gebrandet, um schnell ein einheitliches Bild zu erzeugen. Werbespots und Onlinewerbung für diese Marke existieren oft bereits und werden durch den Lizenzinhaber regelmäßig ausgesendet. So entstehen weniger zusätzliche Werbekosten, wenn sie denn überhaupt notwendig werden.
Doch es gibt auch Nachteile. Die eigene Kreativität bei der Einrichtung des Geschäftes, dem Zusammenstellen des Sortiments und natürlich der Durchsetzung eigener Werte wird nicht gefördert. Es gibt keinen rein veganen Spar-Supermarkt und keinen bauSpezi Baumarkt, der bewusst nur Produkte aus regionalen Hölzern anbietet. Firmenstruktur und Philosophie sind in der Regel vorgeschrieben. Ein Einstieg in das Franchise-System kann bis zu 100.000 Euro kosten, während das Eröffnen eines eigenen kleinen Geschäfts auch mit weniger als einem Fünftel der Summe möglich ist. Während ein kleiner Markt möglicherweise weniger hochtechnisiert ist oder zunächst nicht über mehrere MitarbeiterInnen und Fahrzeuge und Lagerräume verfügt, schreibt das Franchise bereits einen Rahmen für den Einstieg in die Branche vor.
Fazit: Gut geeignet für den schnellen Start
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass GründerInnen, die schnell ein Geschäft aufbauen und dabei einen Teil der Verantwortung abtreten möchten, vom Einstieg in ein Franchise-System profitieren. Dabei ist es jedoch gut, über ein finanzielles Polster für die Gründung zu verfügen. Die Marke sollte außerdem bereits zu den eigenen Werten passen, so dass wenig Anpassungsarbeit notwendig wird. Das Franchise-Angebot in Deutschland, Österreich und der Schweiz wird immer vielfältiger. Kleinere und neue Marken wie TeeGschwendner, Pommes Freunde, Getränke Hoffmann oder Partyland bieten GründerInnen eine neue Vielfalt, die auch mit Franchise Raum für Selbstverwirklichung lässt.
Quellenangaben:
franchiseverband.com/wissen/vor-und-nachteile
franchisepartnerschaft.de/franchise-ratgeber/diese-vor-und-nachteile-bietet-franchise.html
gruenderservice.at/site/gruenderservice/erste-ueberlegung/Vor-_und_Nachteile_des_Systems_fuer_Franchise-Nehmer.html
statista.com/themen/4720/gruendungen-in-deutschland/
franchisedirekt.com/top500/
franchiseportal.de/franchise-unternehmen
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