Zum Beginn des neuen Jahres erweitert sich das Einwegpfandsystem auf Einweg-Kunststoffflaschen mit Milchinhalt. Diese Erweiterung ist Teil der Novellierung der Verpackungsverordnung, die seit 2021 in der EU Schritt für Schritt umgesetzt wird.
Inhaltsverzeichnis
Welche Änderung tritt 2024 in Kraft?
Ab dem 1. Januar 2024 müssen Verbraucher für Milch, Milchmischgetränke und andere trinkbare Molkeprodukte, wie Trinkjoghurt, Kefir oder Buttermilch, ein Pfand von 25 Cent entrichten. Die neue Regelung betrifft Einweg-Kunststoffflaschen und Dosen mit einem Füllvolumen zwischen 0,1 Liter und drei Liter. Sie gilt nicht für Milch und ähnliche Produkte in Kartonverpackungen, Schlauch- oder Standbeutelverpackungen.
Gibt es Ausnahmen und Unterschiede bei der neuen Pfandpflicht?
Unabhängig vom Material besteht schon seit 2022 bzw. davor eine Pfandpflicht für eine Reihe von Getränken, wenn sie in Einwegverpackungen angeboten werden. Dazu zählen Wasser und verschiedene Erfrischungsgetränke wie Cola. Auch Milchersatzprodukte wie Hafer- oder Sojamilch unterliegen der Pfandpflicht, ebenso Getränke, die einen Milchanteil von weniger als 50 Prozent aufweisen. Fruchtschorlen sowie Bier und sogenannte Alkopops, also alkoholische Mischgetränke, fallen ebenfalls in diese Kategorie. Sekte, Prosecco und Sektmischgetränke ebenso wie Wein und Weinmischgetränke oder weinähnliche Getränke sind pfandpflichtig, wenn sie in Einweg-Kunststoffflaschen oder -Dosen verkauft werden. Gleiches gilt für Frucht- und Gemüsesäfte.
Für Alkoholerzeugnisse oder alkoholhaltige Getränke sowie Alkoholmischgetränke mit 10 bis 15 Volumenprozent wird, wenn sie nicht der Alkoholsteuer unterliegen, ein Pfand erhoben, gleich aus welchem Material die Einwegverpackung besteht. Für die gleichen Getränkegruppe mit Alkoholsteuer besteht die Pfandplicht nur für Einwegflaschen und -dosen.
Ausgenommen bleiben Einwegflaschen mit diätetischen Getränken, die ausschließlich für Säuglinge oder Kleinkinder bestimmt sind.
Welchen Zweck verfolgt das Pfandsystem?
Das Pfandsystem tritt da regelnd ein, wo kein Mehrwegsystem greift. Es soll dazu beitragen, den Verbrauch von Einwegverpackungen zu reduzieren und das Recycling zu fördern, indem Verbraucher dazu angeregt werden, leere Behälter zurückzugeben. Aufgabe des Pfandsystems ist es, einen Werkstoffkreislauf in Gang zu setzen. Dadurch werden Rohstoffe wieder nutzbar, Plastikabfall reduziert und Ressourcen eingespart. In Deutschland ist dieses System ein wichtiger Bestandteil der Bemühungen um Umweltschutz und Ressourcenschonung. Die Pfandhöhe kann variieren, liegt aber in der Regel bei einem Betrag zwischen 8 und 25 Cent pro Flasche oder Dose. Die neue Regelung soll den Rückgabeprozess vereinfachen. Den Konsumenten war nicht immer klar, welche Getränkeverpackungen pfandpflichtig sind. Außerdem haben Automaten Flaschen oder Dosen nicht angenommen, wenn sie nicht zum Sortiment des Geschäfts gehörten. Das führte dazu, dass die Gebinde in den Restmüll entsorgt wurden, was den Müllberg steigerte.
Was kommt nun auf den Handel zu?
Der Händler muss darauf achten, dass ab 2024 auch Einwegflaschen und Dosen mit milchhaltigen Getränken eine Pfandkennzeichnung mit EAS-Code tragen. Die Kennzeichnung wird nur von lizensierten Druckereien vorgenommen und ist normiert. Das DPG-Zeichen zeigt eine Flasche und eine Dose und darunter einen Rückgabepfeil. Es signalisiert, dass der Hersteller oder Importeur am bundesweiten Pfandsystem teilnehmen, so dass die Rückgabe für den Händler gesichert ist.
Der Händler oder Letztvertreiber muss die restentleerte Getränkeflasche (-dose) vom Verbraucher zurücknehmen und ihm das Pfand zurückerstatten.
Der Händler ist zur Rücknahme von Flaschen aus allen Materialien, die er selbst verkauft, verpflichtet. Das können auch Marken sein, die er nicht im Sortiment führt. Eine Ausnahme gilt für Läden mit einer Verkaufsfläche unter 200 Quadratmetern (Kiosk, Tankstelle): Sie brauchen nur die Verpackungen der Marken zurückzunehmen, die sie selbst anbieten.
Welche Probleme können entstehen?
Nicht immer sind leere Getränkeverpackungen restentleert. Insbesondere Milchreste können sehr unangenehme Gerüche entwickeln. Der Händler kann in der Nähe seiner Rücknahmestation Spülbecken und fließend Wasser vorhalten, so dass Verbraucher nochmals durchspülen, bevor sie die Flasche/Dose in den Automaten stellen. Das wird nicht jeder tun, und leider hilft es kaum gegen eingetrocknete Milchreste. Der Milchindustrie-Verband (MIV) sieht neben der Geruchsbelästigung durch Milchreste auch die Gefahr einer Kontamination.
Der Händler sollte deshalb darauf achten, einen Rücknahmeautomaten zu nutzen, der Restflüssigkeiten gut abfängt und neutralisiert. Das bedeutet aber, dass er eventuell in ein geeigneteres Rücknahmegerät investieren muss. Im Test sind bereits verbesserte Automaten, die besser mit den Problemen Geruch und Hygiene umgehen können. Der MIV stellt sich dabei die Frage, wer letztlich für die Lösung der Probleme aufkommen und die Kosten tragen soll.
Auf jeden Fall werden die Recyclingmengen im Geschäft größer, so dass der Händler mehr Platz bereitstellen und vor allem auch mehr Personal einsetzen muss.
Da nun viele weitere Milchprodukte einem Pfandsystem angehören müssen, werden sie sich verteuern. Diese Preisaufschläge wird der Händler an den Kunden weitergeben müssen. Laut MIV sei das eine Verteuerung ohne Not, weil das Recycling über die Gelben Säcke/Gelbe Tonne bereits gut funktioniere.
Kritische Anmerkungen
Ob ein Werkstoffkreislauf über Pfand günstiger ist als ein Mehrwegsystem, hat eine im Auftrag der Bundesregierung durchgeführte Studie mit Blick auf die „Kostenvorteile“ beantwortet: Für das Pfandsystem spräche das geringere Gewicht der zerdrückten Flaschen und dass keine Sortierung nach Materialien notwendig sei.
Für Hersteller von Getränken können Einweg-Pfandflaschen und Dosen sogar profitabel sein, insbesondere wenn sie nicht zurückgegeben werden. In solchen Fällen behalten die Hersteller das Pfand von 25 Cent, was sich nach der Logik des Kreislaufwirtschaftssystems ergibt. Das Umweltbundesamt schätzt, dass dies jährlich zu Einnahmen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags führt.
Öffentliche Stimmen
Die Verbraucherschutzorganisation in Nordrhein-Westfalen hat die Einführung neuer Regelungen im Pfandsystem positiv aufgenommen. Ein Umweltexperte der Organisation erläutert, dass Verbraucher oft irritiert waren, wenn sie feststellten, dass bestimmte Flaschen und Dosen von den Pfandautomaten nicht akzeptiert wurden. Darüber hinaus betont der Experte, dass die neuen Regelungen nicht nur zu einer besseren Verständlichkeit und Handhabbarkeit des Pfandsystems beitragen, sondern auch einen positiven Effekt auf die Umwelt haben. Durch die klareren Richtlinien wird erwartet, dass weniger nicht-pfandpflichtige Verpackungen achtlos weggeworfen werden und somit die Verschmutzung der Umwelt reduziert wird. Des Weiteren wird erhofft, dass diese Änderungen das Recycling fördern und zu einer effizienteren Wiederverwertung von Ressourcen beitragen. Die Organisation sieht darin einen wichtigen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Gesellschaft und betont die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Aufklärung der Verbraucher über solche umweltrelevanten Themen.
Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt die Änderungen im Verpackungsgesetz, kritisiert aber die langsame Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Mehrwegquote. Aktuell liege diese Quote bei rund 43 Prozent, weit unter dem gesetzlichen Ziel von 70 Prozent. Die DUH fordert daher die Einführung eines Einwegpfands von 25 Cent auch auf Getränkekartons, einschließlich derer von Tetra Pak, so eine Expertin der Organisation. Außerdem setzt sich die DUH für eine Lenkungsabgabe von 20 Cent auf Einwegflaschen und Dosen ein, ähnlich den Abgaben auf Heizöl und Erdgas. Dies soll die Umweltbelastung im Preis reflektieren und Supermärkte zur Nutzung von Mehrwegflaschen bewegen.
Was passiert zum Stichtag 1.1.2024?
Da der Stichtag zur Neureglung hinlänglich bekannt war, sieht das Verpackungsgesetz keine Übergangsfristen vor.
Einstieg und Kennzeichnung im Deutschen Pfandsystem DPG war für Hersteller und Importeure bereits ab März 2023 möglich. Diese Ware kann damit pünktlich zum 1.1.2024 in den Läden stehen.
Für nicht gekennzeichnete Restbestände ist keine verbindliche Übergangslösung vorgesehen. Nach Ansicht der DPG ist der Grund, sowohl Lebensmittelverschwendung als auch Versorgungsprobleme im Handel zu vermeiden. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Abverkauf von Altbeständen vorübergehend geduldet wird. Die Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) habe dieses Vorgehen gegenüber der DPG signalisiert. Es gebe dazu bislang keine rechtsverbindlichen Aussagen. Deshalb liege es an den Händlern, eigenständig zu entscheiden, wie sie die Einführung der Pfandpflicht umsetzen und vor allem, welchen Zeitraum sie für den Abverkauf alter Bestände als angemessen erachten.
Quellenangaben:
dpg-pfandsystem.de/index.php/de/das-einwegpfandsystem/wissenswertes/104-gesetzesaenderungen/344-ausweitung-pfandpflicht-januar-2024.html
merkur.de/leben/geld/cent-pfandflasche-rueckgabe-pfandautomat-einwegpfand-flaschen-dosen-milch-getraenke-25-zr-92446289.html
rnd.de/wirtschaft/pfand-ab-2024-darum-kosten-milchgetraenke-bald-25-cent-mehr-B7S4ANXMHFGM3A36RGQGC3EER4.html
umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-06-24_texte_109-2020_moeve-2018.pdf
milchindustrie.de/pressemitteilungen/verpackungsgesetz-laesst-verbraucherpreise-steigen/
frankfurt-main.ihk.de/industrie-innovation-und-umwelt/umwelt/abfallrecht/verpackungsgesetz/das-pfandsystem-5281572
verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/abfall/fragen-und-antworten-zum-einwegpfand-dosenpfand-11505
Beitragsbild:
© AdobeStock / Jürgen Fälchle
Ich finde es wichtig, dass die Supermärkte auch mitmachen. Bei REWE habe ich z.B. immer das Gefühl, die gehen bis an die Grenze der Verweigerung. Von den zwei vorhandenen Rücknahmeautomaten funktioniert grundsätzlich nur einer, wenn überhaupt. Auch wenn ein Automat in Betrieb ist, dann funktioniert der etwa nur halb so schnell wie der bei Lidl. Wenn beide nicht in Betrieb sind werden einem die Pfandflaschen einfach nicht zurückgenommen von beschädigten Behältern z.B. verformten Dosen gar nicht zu sprechen. Gibt es da eine zentrale Meldestelle, um auf solche Mißstände aufmerksam zu machen?
Hallo Herr Sand!
Schön, dass Sie unseren Ratgeber zur Pfandpflicht gelesen haben! Es ehrt uns, dass Sie uns für so kompetent halten, Ihre Frage zu beantworten!
Trotzdem ist es für mich zunächst einmal naheliegend, dass Sie die Mitarbeiter vor Ort direkt ansprechen, wenn etwas nicht so funktioniert, wie Sie es erwarten. Es ist empfehlenswert, dabei sachlich zu bleiben und seinen Ärger im Zaum zu halten. Versetzen Sie sich in die Lage Ihres Gegenübers: Keiner mag beschimpft, herrisch oder rechthaberisch angesprochen werden! Eine ruhige Schilderung der Sachlage (Automat voll, läuft nicht, funktioniert nicht) erhöht Ihre Chancen, eine Lösung oder nachvollziehbare Erklärung zu bekommen. Einen Anspruch auf einen schnell laufenden Rücknahmeautomaten haben Sie allerdings nicht. Jedoch ist der Händler verpflichtet, auch beschmutzte, verformte oder beschädigte Flaschen, Dosen oder Behälter zurückzunehmen und Ihnen den Pfandbetrag zu erstatten – sofern das Logo darauf noch erkennbar ist! Ich setze hier einmal voraus, dass Sie wissen, woran Sie erkennen, was ein Einweg- oder ein Mehrweg-Gebinde ist, und was Sie selbst über die gelbe Tonne oder den gelben Sack entsorgen müssen.
Erst wenn Sie bei dem Mitarbeiter keine befriedigende Antwort erhalten, sollten Sie den Markt- oder Filialleiter verlangen. Auch für dieses Gespräch ist ein sachlicher Ton dringend anzuraten. Ist eigentlich logisch, oder? Gegenseitiger Respekt hilft, das vertrauensvolle Kunde-Händler-Verhältnis aufrechtzuerhalten.
Ihr Händler handelt gesetzeskonform, wenn er mit einem registrierten Anbieter einen Systembeteiligungsvertrag abschließt und seine Verpackungsmengen angibt. Meldestelle ist LUCID, eine Datenbank, in der sowohl alle sich beteiligenden Systembetreiber als auch alle meldepflichtigen Hersteller und Vertreiber von Verpackungen registriert sind. Die Zentrale Stelle Verpackungsregister verwaltet die Daten, sorgt für Rechtsklarheit und Transparenz. Außerdem kontrolliert sie, ob alle Mengenangaben vollständig und richtig sind, und achtet dadurch darauf, dass die Recyclingquoten erfüllt werden. Insgesamt soll das für mehr Fairness in der Anwendung des Verpackungsgesetzes sorgen und die Kostenteilung optimieren. Die Fach- und Rechtsaufsicht liegt beim Umweltbundesamt. Es für die Ahndung von Verstößen zuständig. Bußgelder für Ordnungswidrigkeiten oder sogar Vertriebsverbote könnten die Folge sein.
Falls Sie nun trotz aller Lösungsbemühungen bei Ihrem Händler ungehört bleiben und eine begründete Beschwerde äußern möchten, müssen Sie selbst nicht bis zum Umweltbundesamt gehen: Geben Sie Ihre detailliert ausgeführte Beschwerde schriftlich bei der zuständigen Überwachungsbehörde Ihres Bundeslandes ab. In NRW sind das die unteren Umweltschutzbehörden, also die Kreise und die kreisfreien Städte. Wenden Sie sich in Ihrem Wohnort deshalb an die Stadtverwaltung, die Abfallbehörde oder das Umweltamt. Wenn Sie unsicher sind, kann Ihnen die örtliche Verbraucherzentrale weiterhelfen, welche Behörde bei Ihnen zuständig ist. Sie bietet außerdem einen Musterbrief zur Formulierung Ihrer Beschwerde an.
Aber eigentlich wünsche ich Ihnen jetzt lieber viel Erfolg bei Ihren Klärungsversuchen und Schlichtungsgesprächen!
Mit freundlichen Grüßen,
Ute Roggendorf