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Warum ist Hygiene wichtig?
Die meisten Lebensmittel sind von organischer Substanz und unterliegen deshalb einem natürlichen Zersetzungsprozess. Sie sind anfällig für einen Befall mit Mikroorganismen wie Pilzen und Bakterien, aber auch mit höher entwickelten Arten wie Fliegen oder Mäusen. So dienen Gemüse, Obst, Fisch und Fleisch als Fressgut oder Nistplatz. Insgesamt betrachtet ist das ein ganz normaler Prozess.
Ein Lebensmittel kann auf dem Weg von der Produktion, Ernte oder Schlachtung bis zum „Herunterschlucken“ befallen werden, wenn die Bedingungen an irgendeiner Stelle ungünstig sind. Deshalb sollte in der gesamten Kette auf Hygiene geachtet werden. Denn unser Körper ist ebenfalls organisch und reagiert auf den Befall abwehrend. Übelkeit und Erbrechen sind die geringsten Folgen, doch eine Infektion kann schlimmstenfalls sogar bis zum Tod führen.
Hygiene gilt nicht nur für das Lebensmittel selbst (Lebensmittelhygiene), sondern für jeden und für alles, das mit ihm in Berührung kommt (Hygiene).
Was ist Hygiene?
Gemeint sind alle Maßnahmen, die der Gesundheit der Menschen dienen. Wenden Sie sie vorbeugend an, um gesundheitliche Beeinträchtigungen und Schädigungen zu vermeiden oder abzuwenden. Die Richtlinien zur Lebensmittelsicherheit und Hygiene gelten für alle Betriebe, in denen Lebensmittel produziert, zubereitet, verarbeitet, verpackt, gelagert, befördert beziehungsweise zum Verkauf angeboten werden.
Dazu zählt die die regelmäßige persönliche Hygiene, die die Gefahr mindert, Krankheiten zu übertragen oder sich zu infizieren. (Hinweis: Die Hygiene-Verordnung an sich gilt nur für Gewerbe, bei denen die Körperoberfläche verletzt wird wie bei Kosmetik oder Tätowierung. Aufgabe der Verordnung ist, übertragbare Krankheiten zu verhüten.)
Mit Lebensmittelhygiene sind in der Gastronomie alle Maßnahmen gemeint, die im Zusammenhang mit Transport, Warenannahme und Lagerung, Verarbeitung und Zubereitung sowie Verkauf und Verzehr von Lebensmitteln stehen. Die Lebensmittelhygiene-Verordnung regelt Parameter wie Temperaturen, Luftfeuchtigkeit und Licht für die Produkte sowie die Arbeitsstätte. Sie macht Angaben zur Beschaffenheit der Küche samt Einrichtung und Küchengegenständen und wie sie zu nutzen, zu reinigen und aufzubewahren sind. Ferner sind Anweisungen für die Mitarbeiter, die Personalhygiene und die Arbeitskleidung enthalten. Auch Gastraum und Geschirr etc. unterliegen Bestimmungen. Nicht zuletzt geht es auch um die Entsorgung von Resten und Abfällen. Diese Vorschriften gelten für alle Gastro-Betriebe, vom Imbiss bis zur Gemeinschaftsverpflegung.
Was ist die gesetzliche Grundlage?
Ausgangspunkt sind die nationalen „Leitlinien für eine Gute Hygienepraxis“. So wird im deutschen Recht ein Handlungsrahmen bezeichnet, der die Einhaltung gewisser Grundsätze zur Vermeidung von Gefahren vorsieht. Sie wird von den Berufsverbänden herausgegeben und beinhaltet vorbeugende Maßnahmen, Anforderungen an die Betriebs- und Personalhygiene, Schulungsprogramme, Vorgaben zur Schädlingsbekämpfung, zur Wareneingangskontrolle und zur Rohstoffpolitik sowie Anforderungen an die Baulichkeiten. 1998 führte der Gesetzgeber die Lebensmittelhygiene-Verordnung ein, die das EU-Recht national umsetzt. Seit 2004 gilt das EU-Lebensmittelhygienerecht. 2006 wurde es um eine Dokumentationspflicht ergänzt (EU-Verordnung (EG) Nr. 852/2004). Großunternehmen müssen danach ihre Hygienemaßnahmen ausführlich aufzuzeichnen. Für kleinere Gaststätten genügen Nachweise in Form von Reinigungsplänen, Verifizierungsnachweisen und Personalanweisungen. Das EU-Hygienepaket verpflichtet Sie als Unternehmer, nach den Grundsätzen des HACCP-Konzeptes präventiv zu handeln und zu dokumentieren.
HACCP-Konzept zur Eigenkontrolle
Kerngedanken des EU-Lebensmittelhygienerechts sind, die gesamte Lebensmittelkette einzubeziehen und die Eigenverantwortung aller Beteiligten zu stärken. Deshalb liegt es in Ihrer Hand, Maßnahmen, Kontrollen, Nachbesserungen und Dokumentation durchzuführen, um gesundheitliche Gefahren zu vermeiden.
Das HACCP-Konzept ist ein Werkzeug, das den Ablauf strukturiert und vereinheitlicht. Die Abkürzung steht für „Hazard Analysis and Critical Control Points“. Ins Deutsche übersetzt heißt es „Gefahrenanalyse und kritische Kontrollpunkte“. HACCP umfasst mehrere Schritte:
- Stellen Sie den Status Quo fest und legen Sie Maßnahmen fest, mögliche Gefahren zu beherrschen.
- Finden Sie heraus, an welchen Stellen in Ihrem Betrieb verstärkt auf Hygiene zu achten ist. (*)
- Legen sie fest, ab wann an diesen kritischen Punkten eingegriffen werden muss. (z.B. Temperaturobergrenze **)
- Formulieren Sie, wie Sie diese kritischen Stellen besser im Blick halten wollen (wer prüft und dokumentiert wann, was, wie und wie oft).
- Regeln Sie, wie eine Korrekturmaßnahme aussehen soll (wer ist für was zuständig).
- Überprüfen Sie die Wirksamkeit Ihrer Maßnahmen (up-to-date halten, im Labor nachprüfen lassen).
- Dokumentieren Sie alle Maßnahmen (Aufbau Ihres HACCP-Konzeptes und lückenlose Sammlung Ihrer Dokumentationen).
(*) Beispiel: Ein kritischer Punkt ist die Lagertemperatur von Fleisch. Wird ein Schweineschnitzel ausreichend lange und hoch erhitzt (über drei Minuten mit 80°C Kerntemperatur) so wird ein Großteil möglicher Keime abgetötet.
(**) Beispiel: Hackfleisch für Mett wird mit 8°C angeliefert, soll aber nicht mehr als 4°C haben. Also wird die Ware nicht angenommen.
Wie geht man vor?
Sie benötigen Informationen zum HACCP-Konzept. Es gibt auch Vorlagen und Checklisten, die Sie zwar nicht benutzen müssen, die aber nützliche Hilfsmittel sind. Ratgeber und Leitfäden finden Sie unter anderem
- bei Ihrem Branchen- oder Berufsverband, z.B. Dehoga oder IHK
- bei der Berufsgenossenschaft
- auf den Seiten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft
- auf den Seiten des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
- bei zertifizierten Prüfstellen wie dem TÜV
- bei Großhandelsorganisationen wie Selgros oder Metro
- bei privaten Anbietern für HACCP-Schulungen
Ein besonderes Dienstleistungsangebot macht das Hygienezentrum Münster, ein bundesweites, privatwirtschaftlich organisiertes Hygienezentrum speziell für die Lebensmittelbranche. Es bietet Schulungen, Seminare und Workshops zur Hygiene, berät Betriebe bei Hygienekonzepten – auch vor Ort, baut einen Datenpool auf, schafft eine Hygiene-Hotline, vermittelt Wissen über mikrobiologische Untersuchungen und bearbeitet Themen des Lebensmittelrechts.
Die EU-Verordnung verpflichtet Sie, sich und Ihre Mitarbeiter regelmäßig zur Hygiene im Betrieb schulen lassen. Auch eine Schulung zur Anwendung von HACCP ist verpflichtend. Sensibilisieren Sie darüber hinaus Ihre Mitarbeiter für die Einhaltung und Dokumentation der Standards. Nehmen Sie Hinweise Ihrer Mitarbeiter oder von Gästen und Kunden auf Schwachstellen ernst.
Überlegen Sie, ob Sie sich hinsichtlich HACCP vielleicht mit einem Unternehmen ähnlicher Größe austauschen möchten. Wer ein Gastronomiegroßunternehmen führt, sucht unter Umständen externe Unterstützung.
Anmerkung: Um eine Gaststättenkonzession zu erhalten, ist nach wie vor eine Gaststättenunterrichtung sowie eine Erstbelehrung nach dem Infektionsschutzgesetz zwingend erforderlich.
Wesentliche Punkte in Ihrem Hygiene-Konzept
- Wareneingangskontrolle
- Temperaturüberwachung
- Plan für Reinigung und Desinfektion
- Schädlingsbekämpfung
- Personalschulung
- Dokumentation und Rückverfolgbarkeit
Wer überwacht die Einhaltung der Hygiene?
Es liegt in Ihrer Verantwortung als Unternehmer, die Hygienevorschriften in Ihrer Gastronomie umzusetzen. Jedoch gibt es eine behördliche Lebensmittelüberwachung, je nach Bundesland auf kommunaler oder Landesebene. Das zuständige Amt (Gesundheitsamt) kommt einmal jährlich unangekündigt und prüfen risikoorientiert, also vorrangig in Betrieben mit erhöhtem Risiko (beispielsweise bei leicht verderblichen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eier oder Milchprodukten) oder in denen es schon mal Beanstandungen gab. Bei Verdacht auf Probleme wird umgehend kontrolliert. Die Lebensmittelkontrolleure prüfen, ob Sie wirksame Vorkehrungen getroffen haben und die Vorschriften zur Hygiene und Desinfektion einhalten, und zwar in Ihren Betriebsräumen, bei Ihren Gerätschaften und bei allen Arbeitsschritten. Typische Kontrollpunkte sind Anlieferung und Transport von Lebensmitteln, Kühlung bei Zwischenlagerung, ausreichende Erhitzung bei der Zubereitung, rasche Abgabe der Speisen nach der Herstellung. Sie legen Ihre Aufzeichnungen vor, so dass der Kontrolleur Ihre Hygiene-Sorgfalt beurteilen kann. Die Prüfer nehmen Stichproben und lassen sie in amtlich bestellten Labors untersuchen. Sie gehen nach einem Standard-Untersuchungsprogramm vor, das mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) abgestimmt worden ist. Dadurch sind die Stichproben der Länder vergleichbar und haben auch vor Gericht Bestand. Generell ist die Kontrolle Aufgabe der Bundesländer. Zudem gibt es bundesweite Kontrollprogramme wie das Lebensmittel-Monitoring, den Bundesweiten Überwachungsplan (BÜp) und den Mehrjährigen Nationalen Kontrollplan (MNKP).
Darauf achten Kontrolleure besonders
- Dokumentation der Geschäftsprozesse:
Bewahren Sie die Einkaufs- und Verkaufsrechnungen der letzten sechs Monate auf. - Produktions- und Betriebshygiene:
Hierunter fallen vor allem Wareneingangskontrollen, Einhaltung der Kühlkette, Zustand der Produktionsanlagen und nicht zuletzt Schädlingsbekämpfung, Reinlichkeit und Entsorgung. - Kompetenzen der Mitarbeiter:
Sorgen Sie für hygienisch einwandfreie Arbeitsbedingungen und für regelmäßige Mitarbeiterschulungen. - Untersuchung der Lebensmittel:
Stichproben
Beim nächsten Besuch wird der Lebensmittelprüfer auf jeden Fall die kritischen Stellen genau kontrollieren.
Was passiert bei Nichteinhaltung der Hygienebestimmungen?
Bei kleineren Verstößen ist eine Belehrung mit Nachkontrolle üblich. Bei schwereren Fällen ist ein Bußgeld fällig. Wenn eine akute Gesundheitsgefährdung für das Personal oder für die Gäste vorliegt, kann es zu Strafverfahren und Schließung der Gastronomiebetriebs kommen.
Quellen:
IHK Aachen, IHK Köln, IHK Bayern, delphi Lebensmittelsicherheit GmbH, Hygienezentrum Münster, Orderbird, Metro, Selgros, BMEL, BVL
Checklisten:
- https://www.orderbird.com/blog/hygienevorschriften/
- http://www.onlinehilfe-lebensmittelhygiene.de/gastronomie/
- https://www.gastro-academy.com/gruenden/haccp-hygiene/
- https://www.metro.de/blog/hygienevorschriften-gastronomie/